"Ein Patient kommt in die Ordination und sagt 'AUWEH'. Das muß nicht unbedingt einen physischen Schmerz bedeuten", erklärt Doz. Dr. Wilfried Ilias. Die unterschiedlichsten Dinge können mit Schmerz umschrieben werden und Schmerz kann sehr verschiedene Qualitäten haben.
Oft beginnen die Mißverständnisse zwischen Arzt und Patient schon bei der Sprache: wird Umgangsprache oder medizinische Sprache gesprochen? Die verwendete Sprache hängt außerdem von Bildung und Intellekt ab. "Der Patient, der sagen kann, wo ihm was wie und wann weh tut, ist einfach", so Ilias. "Aber Dinge an sich selbst zu erkennen und vorzuanalysieren, ist nicht allen Menschen in gleichem Maß möglich."
Kulturspezifisch
Bekannterweise ist die Selbstbeherrschung, wie sehr Schmerz zugelassen werden kann, auch kultur- und religionsabhängig: was habe ich zu erdulden? "Alter und Geschlecht spielen ebenfalls eine Rolle. Im Alter kommt es zu zunehmender Frustration und abnehmender Lebensqualität. Und oft ist es kaum zu glauben, welche Abgründe sozialen Lebens vor allem von Frauen in unserer Männergesellschaft aufgearbeitet werden müssen", führt Ilias weiter aus.
Weiters gilt es, den sozialen Status und soziale Ziele mitzubeachten. Möchte jemand eine berufliche Besserstellung oder möchte er oder sie in Frühpension gehen? "Selbständige werden schneller wieder gesund", weiß Ilias. Nicht zuletzt muß eine Schmerzbehandlung auch Wünsche des Patienten wie Anerkennung, Aufmerksamkeit und Zuwendung mitbedenken.
Interaktionen
"Die Behandlung eines lokalisierten Schmerzes - wie zum Beispiel die Kreuzschmerzen eines Golfspielers, der unbedingt weiterspielen möchte - ist verhältnismäßig einfach, handelt es sich doch um ein singuläres Problem, ein momentanes individuelles Dilemma. Schwieriger wird es beim generalisierten Schmerz: dieser ist nicht zuordenbar, sondern Teil der Not, in der sich ein Mensch befindet", erklärt Ilias.
Einen sehr nützlichen Tip hat der Experte auch für das Problem Medikamenteninteraktionen und -nebenwirkungen: "Wenn ich ein neues verschreibe, lasse ich mir alle Medikamente, die der Patient nimmt, aufzählen und lese nach. Auf mögliche Nebenwirkungen mache ich ihn aufmerksam. Ich sage ihm auch, sollte dieses eine Mittel nicht die gewünschte Wirkung haben, wird mir noch etwas anderes einfallen. Das festigt Therapietreue und Vertrauen des Patienten."
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