Im Oktober 1991 wurde an der Wiener Universitätsklinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters die erste Kopfschmerzambulanz in Österreich gegründet.
Seit damals werden in dieser Ambulanz jährlich mehr als 200 neue Patienten betreut. Von der Kapazität her kann diese Ambulanz aber nur die "Spitze des Eisberges" der jungen und jüngsten Kopfschmerzpatienten Äversorgen.
Der Großteil der Kinder und Jugendlichen Äwird von niedergelassenen Ärzten betreut.
Die Dunkelziffer Äist allerdings sehr groß - nicht nur in Österreich.
Im Jahre 1998 veröffentlichten J. Artigas und Mitarbeiter aus Barcelona die Ergebnisse einer Umfrage über die Häufigkeit und Art von Kopfschmerzen bei Kindern im Alter zwischen 3 und 14 Jahren. Befragt wurden Eltern und Kinder, die im Rahmen von unterschiedlichen Routinekontrollen eine Gesundheitseinrichtung aufgesucht hatten.
Die Prävalenz von kindlichen Kopfschmerzen lag bei 42%. Etwa 7,5% aller Kinder litten unter Migräne nach den Kriterien von Vahlquist und Kurtz. Mädchen waren häufiger von Kopfschmerzen betroffen als Buben. 87 Prozent der Kinder mit Migräne haben Verwandte mit wiederkehrenden Kopfschmerzen.
Prof. Dr. Cicek Wöber-Bingöl, Leiterin der Kopfschmerzambulanz im Wiener AKH: "In der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit rezidivierenden Kopfschmerzen stellen die Erwartungen der Eltern einen wesentlichen Faktor dar, da ein vorgeschlagenes diagnostisches und vor allem therapeutisches Vorgehen oft nur dann realisiert werden kann, wenn die Eltern davon überzeugt werden können."
Bei kleinen Kindern sei es oftmals schwierig zu erkennen, ob sie an Kopfschmerzen leiden. Motorische Unruhe und Reizbarkeit könnten die einzigen beobachtbaren Anzeichen des Kopfschmerzes bei Kleinkindern sein, die ihre Beschwerden noch nicht artikulieren können. "Manchmal leiden Kinder - ohne erkennbare Ursache - an wiederkehrenden Bauchschmerzen und entwickeln später eine Migräne", berichtet Wöber-Bingöl.
Therapieoptionen
Alarmsymptome sind zum Beispiel Schwierigkeiten beim Sprechen, Krabbeln oder beim Einschlafen sowie Sehstörungen und Schwäche einer Körperhälfte. Bei Alarmsymptomen muß sofort eine gründliche Abklärung und Behandlung erfolgen. Aber auch jedes Kind mit wiederkehrenden oder chronischen Kopfschmerzen sollte untersucht werden. Neben schmerzstillenden Medikamenten sollte das Hauptaugenmerk in der Therapie auf vorbeugenden Maßnahmen und nicht-pharmakologischen Interventionen, wie Entspannungstechniken, Physio-, Spiel- und Gesprächstherapie, liegen, so die Expertin.
Elektrophysiologische Untersuchungen bei kindlichen Kopfschmerzen tragen zur klinischen Diagnose und zum Verständnis der pathophysiologischen Mechanismen bei, lassen aber auch eine Evaluation von Risiko und Prognose zu. So zeigen das quantitative EEG und evozierte Potentiale bei Migräne fluktuierende Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Migräneattacken und ein ständiges pathologisches Grundmuster.
Häufige Beschwerden
Eine prospektive Studie der Uniformed Services University of the Health Sciences in Bethesda, Maryland/USA, untersuchte die Häufigkeit und Charakteristik der Migräne bei Kindern zwischen 2 und 15 Jahren im Rahmen einer Konsultation beim Augenfacharzt. Insgesamt beantworteten 1.479 konsekutiv untersuchte Kinder einen Fragebogen über Kopfschmerz-Kriterien. Über 25 Prozent der Kinder klagten über Kopfschmerzen, die den Kriterien für Migräne entsprachen. Für neun Prozent aller Kinder beim Augenfacharzt bedeutete der Kopfschmerz sogar das führende Symptom. Die Wahrscheinlichkeit, daß Kinder mit wiederkehrenden Kopfschmerzen, die einen Ophthalmologen aufsuchen, an Migräne leiden, ist somit sehr hoch.
© medizin.at / ÄRZTEWOCHE