Die laparoskopische Operation inguinaler Hernien hat sich in den letzten Jahren als eine Alternative zu den etablierten konventionellen Techniken erwiesen.
Abgesehen von vergleichbar sehr guten kurz- und mittelfristigen Ergebnissen hinsichtlich Komplikations- und Rezidivraten, ist die Methodik patientenfreundlich und kostengünstig.
Doch anders als bei den konventionellen Methoden liegen noch keine validen Daten über die Langzeitfunktionalität der minimal-invasiven Technik vor
"Gerade hinsichtlich so wichtiger Komplikationen wie Hodenatrophie, die nach herkömmlicher Hernienversorgung etwa 5 Prozent der Patienten betrifft, und der Beeinträchtigung des Samenleiters durch das implantierte Kunststoffnetz gibt es bisher keine relevanten Kontrolluntersuchungen", berichtet Dr. Wolfgang Lechner, Chirurgische Abteilung, LKH Tulln. Standardisierte Nachbeobachtungsstudien unter Einbeziehung klinischer, sonographischer und urologischer Methoden werden nun in Tulln durchgeführt.
Laparoskopische Operationstechnik
Die transabdominelle präperitoneale Operationstechnik (TAPP) erfolgt über 3 kleine Einstiche infraumbilikal, wonach der Bruch laparaskopisch dargestellt, das Peritoneum gespalten und die Bruchpforte freipräpariert wird. "Nach Darstellung des Samenstranges und der epigastrischen Gefäße wird ein Kunststoffnetz der Größe 12x10 cm eingebracht, das im Bereich des Schambeines und des Musculus rectus angestappelt wird", beschreibt Lechner die Methodik.
Anschließend wird das Peritoneum über das Netz durch Naht verschlossen. Lechner: "Die Netzimplantation ist eine spannungsfreie Methode der Hernienversorgung. Besonders geeignet scheint diese Methode für beidseitige Hernien und Rezidivhernien zu sein."
Zwar ist das Kunststoffnetz dank der Biokompatibilität des Werkstoffes Polypropylen gewebsfreundlich und stabil, lokale Komplikationen können jedoch in Einzelfällen auftreten.
Hierzu zählen beispielsweise lokale Hämatome, besonders bei großen Skrotalhernien, die über Monate gut resorbiert werden, und in wenigen Fällen ein Netzdislokation mit lateralem oder medialem Rezidiv. "An der chirurgischen Abteilung in Tulln wurde bereits 1993 durch Primarius Stöger mit der laparoskopischen Hernienversorgung begonnen.
"Bei inzwischen mehr als tausend erfolgreichen Operationen haben wir eine Rezidivrate von 0,5 bis 1 Prozent, was im internationalen Vergleich als gutes Ergebnis gilt", berichtet Lechner. Dabei sei die anfängliche Lernphase nicht mitberücksichtigt worden, womit die Rezidivraten noch niedriger liegen müßten.
Hodenatrophie durch Narbenschrumpfung
In der Literatur sind weiters als Spätfolge der Netzimplantation einzelne Fälle von Narbenschrumpfungen bekannt, die lokal zur Einengungen des Samenstranges führen können. In einigen Fällen war diese Komplikation mit Atrophie des ipsilateralen Hodens verbunden.
Lechner: "Uns sind zwar bisher bei unseren Patienten noch keine Fälle von Hodenatrophien bekannt geworden, eine genaue Angabe ist jedoch nur durch eine systematisch organisierte Nachuntersuchung möglich". Unklar ist auch, ob es durch eine eventuelle Samenstrangeinengung zu einer Störung der Durchblutung in den Vasa spermatica kommen kann.
Aus Tierversuchen ist inzwischen weiters die Möglichkeit der Störung der Spermienzahl und -struktur bekannt. Lechner und Mitarbeiter am LKH Tulln arbeiten deshalb derzeit an einer interdisziplinären Nachbeobachtungsstudie, die diesen Fragen auf den Grund gehen soll.
"Es sollen dabei sowohl die einseitigen als auch die beidseitigen Hernienoperationen eingeschlossen werden, wobei die Patienten klinisch und mittels Ultraschall hinsichtlich Hodengröße und Leistenbeschwerden untersucht werden", erläutert Lechner. Um die Frage der Spermienzahl und -struktur zu klären, soll weiters in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Gerhard Lunglmayr, KH Mistelbach, eine Spermiogrammuntersuchung bei beidseitigen Hernienoperationen durchgeführt werden.
Lechner: "Wir erwarten bei dieser Studie, daß weder bei der Hodengröße noch beim Spermiogramm statistisch signifikante Unterschiede zur österreichischen Norm auftreten. Auf die Ergebnisse dieser österreichweit erstmaligen Nachbeobachtungsstudie darf man gespannt sein."
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