Ein Team des "Duke University Medical Centers" fand heraus, wodurch mysteriöse Schäden an Lebertransplantaten, die deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigen können, entstehen. Die Resultate der Studie - Erstautor ist Dr. David Sindram - wurden in der Januarausgabe des Journals
"Gastroenterology" veröffentlicht.
Sie entdeckten, daß die niedrigen Temperaturen, die für den Schutz der
Hepatocyten während der Zeit, in der das Organ vom Körper getrennt ist, erforderlich sind, eine Kettenreaktion auslösen können, die letztlich im Tod der Sinusendothele mündet.
Diese kommen nur in der Leber vor und umkränzen die ein gigantisches Netzwerk bildenden Blutgefäße. Es war bereits bekannt, daß viele dieser Zellen nach der Transplantation geschädigt sind oder sterben - der Grund dafür - das Problem der Konservationstemperatur -blieb bis dato im Dunkeln.
Unmittelbar nach der Entnahme wird das Organ in einer speziellen Kühllösung gelagert, um die Funktion der Hepatocyten aufrecht zu erhalten. Die Funktion der Hepatocyten ist sehr komplex, sie produzieren an die 500 verschiedenen Proteine. Die niedrige Temperatur (1°C), die notwendig ist, um die Hepatocyten zu schützen, kann jedoch die Sinusendothelien verformen, die als entgiftender Filter zwischen den Hepatocyten und dem Blut fungieren.
Mittels einer Methode, bei der Blut durch die Leber gepumpt wird (Perfusion, bekannt aus Tierversuchen), fanden die Forscher heraus, daß diese Zellen durch Apoptose (Programmierter Zelltod) sterben und daß dieser Vorgang durch die Blutplättchen initiiert wird.
Für Transplantationschirurgen stellt der Tod der Sinusendothelien den wichtigsten Grund für Probleme nach der Verpflanzung der Leber dar. "Unser Modell zeigte, daß je länger das Blut durch die reperfundierte Leber zirkulierte, umso mehr Blättchen klebten an den Sinusoiden fest" sagt Dr. Pierre-Alain Clavien, Forschungsleiter und Chef der Transplantationschirurgie der Duke University und führt weiter aus:
" Das Paradoxe ist, daß wir die Leber kühlen müssen, um die Metabolisationsrate der Hepatocyten herabzusetzen und deren Funktionsfähigkeit zu erhalten, aber wir wissen, daß während der Kühlphase etwas passiert, das die Sinusoiden besonders empfindlich macht. Die Zellen sterben erst wenn sie danach wieder mit Blut und Sauerstoff in Verbindung kommen."
"Als wir unserem Perfusionsystem eine Zuckerlösung zuführten, die die Adhäsion der Blutplättchen verhindert, konnten wir eine signifikante Reduktion der an den Sinusendothelien klebenden Thrombocyten feststellen. Auch eine korresponierend niedrigere Apoptoserate war feststellbar."
"Dies läßt uns hoffen, daß es ein Medikament oder eine Substanz gibt, die
der Lösung, die verwendet wird, um die Leber funktionstüchtig zu erhalten,
zugegeben werden kann. Damit können die Thrombocyten daran gehindert werden, sich an die Sinusoiden zu binden", ist Clavien überzeugt.
Aspirin, z.B. verhindert die Aggregatbildung der Blutkörperchen, scheint wegen seiner gerinnungshemmenden Wirkung jedoch wenig geeignet für Patienten, die sich einer Transplantation unterziehen. Um den Blutverlust während einer Organverpflanzung auszugleichen, gäben viele Chirurgen ihren Patienten bereits vor der Transplantation Bluttransfusionen. Diese Praxis sollte angesichts der neuen Resultate überdacht werden, mahnt Clavien und fügt hinzu:
"Auch wenn die Leber in der Speziallösung bis zu 30 Stunden funktionstüchtig bleibe so wissen Transplantationschirurgen doch, daß die Leber umso weniger Schäden davonträgt je schneller sie verpflanzt wird."
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