Mitte dieses Jahres sollen an der Berliner Charité die ersten Krebspatienten mit Hilfe von Nanotechnologie behandelt werden. Die Arbeitsgruppe "Biomedizinische Nanotechnologie" um Dr. rer. nat. Andreas Jordan an der Charité fand heraus, daß sich diese Technologie zur gezielten Erwärmung von Tumoren anwenden läßt.
Eine Erwärmung von Tumorzellen auf Temperaturen über 40 Grad Celsius schädigt die Zellen erheblich und wird als Hyperthermie in der Krebsbehandlung angewendet.
Überwärmung erhöht die Empfindlichkeit des Tumorgewebes gegenüber den Medikamenten und Strahlen. Bisher wurde die Wärme mittels elektrischer Felder erzeugt, wobei es aufgrund der unterschiedlichen Gewebeeigenschaften jedoch häufig zu einer ungleichmäßigen Erwärmung des Tumors kam.
Magnetismus statt Elektrizität
Jordan entwickelte nun ein Konzept, das anstelle von Elektrizität ein magnetisches Wechselfeld benutzt: Dafür werden magnetisierbare Substanzen (Magnetite) in den Tumor eingebracht. Laut Jordan seien für diesen Zweck Eisenoxyd-Teilchen in Nanometergröße, die von Zuckermolekülen (Dextran) umhüllt sind, am besten geeignet.
Eine wässrige Lösung dieser Partikel wird als magnetisierbare Flüssigkeit in den Tumor gespritzt. Die Nanoteilchen, die größer sind als Zellmoleküle, können von den Krebszellen nicht ausgeschieden werden und damit kann der Tumor einem externen magnetischen Wechselfeld ausgesetzt werden.
Tumorgewebe eingeschmolzen
Die magnetischen Wechselfelder heizen dieDepots der Magnetflüssigkeit auf Temperaturen von 45 bis 47 Grad auf, wobei sich das gesunde Gewebe um den Tumor nur unwesentlich miterwärmt. Der Tumor beginnt zu zerfallen, die Zell- und Zellzwischenräume lösen sich auf, das Zellmaterial verflüssigt sich und die Eisenoxidteilchen verteilen sich in der Nekroseflüssigkeit.
Legt man nun abermals ein magnetisches Wechselfeld an, werden weitere Tumorregionen erfaßt und die Nekroseflüssigkeit breitet sich weiter in den Tumor aus. Auf diese Weise konnte Jordan große Brusttumore bei Mäusen binnen einer halben Stunde völlig einschmelzen.
Bei großen Tumoren muß eventuell Magnetisierflüssigkeit nachgespritzt werden, denn die gleichmäßige Hitzeentwicklung ist abhängig von derKonzentration der Eisenteilchen im Gewebe. Die Nekroseflüssigkeit mit den Eisenteilchen wird allerdings nur langsam durch natürliche Immunmechanismen des Körpers (Phagozytose) wieder abgebaut:
Die Eisenteilchen und ihre Hülle werden in Milz und Leber transportiert, wo die Hülle abgebaut wird. Das Oxyd wird in ionische Formen umgewandelt und zum Beispiel in rote Blutkörperchen eingebaut und nach Monaten ausgeschieden.
Neues Therapiegerät entwickelt
Die Charité wird nun erstmals diese Methode an Menschen, die an einer speziellen Art von Gehirntumoren - den Glioblastomen - erkrankt sind, anwenden. Dafür wurde von der Firma "MFH Hyperthermiesysteme GmbH" aus Berlin ein eigenes "Magnetwechselfeld-Therapie-Gerät" entwickelt.
Bei den Versuchen hat sich allerdings gezeigt, daß für verschiedene Tumorarten auch spezifisch unterschiedliche Partikel benötigt werden, wobei die von Jordan bis jetzt verwendeten Eisenoxydteilchen als besonders gut zur Behandlung von Glioblastomzellen geeignet erschienen.
Nanoteilchen per Blutstrom
Auch nehmen die Krebszellen die Nanoteilchen weit stärker auf als gesunde Zellen der gleichen Gewebeart. Zunächst sollen die Nanoteilchen zwar direkt in den Tumor gespritzt werden, aber langfristig ist vorgesehen, sie so zu umhüllen, daß sie auch über den Blutstrom ihr Ziel erreichen.
Bearbeitung: Ing. Barbara Bublava
© medizin.at