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Fliegen und Taube

28.03.2000

Eine aktuelle Studie zu unkoordiniertem Verhalten von Fruchtfliegen könnte Aufschluss über molekulare Ursachen menschlicher Hörprobleme geben. Starke Analogismen zwischen Drosophilia und komplexeren Organismen könnten bei der Erforschung proteingesteuerter Signalwege helfen.

In einer höchst interessanten Studie an stark unkoordinierten Fruchtfliegen konnten Forscher der University of California in San Diego nun erstmals auf Molekularebene Einsicht darüber gewinnen, wie komplexe Organismen hören, Berührung empfinden und ihr Gleichgewicht halten.

Seit etwa 15 Jahren ist die Arbeitsweise sogenannter Mechanorezeptoren bekannt, mittels derer Ton und Berührung in elektrochemische Signale umgewandelt werden. Die bei Vertebraten ebenso wie Invertebraten vorkommenden, oft haarähnlichen Rezeptoren arbeiten als "Schalter" für die Freigabe von Neurotransmittern zum Informationsaustausch mit dem Gehirn und dienen generell der Orientierung.

Die in der aktuellen Ausgabe von "Science" publizierte Arbeit beschreibt die Entdeckung eines Genes der Fruchtfliege (drosophila), dessen Änderung die molekulare Funktionsfähigkeit der Mechanorezeptoren der Fliegen hemmt. Die solcherart taub, gefühllos und damit koordinationslos gewordene Fliege ist ohne äußere Hilfe nicht lebensfähig.

Studienleiter Richard G. Walker kommentiert den Zustand der genmutierten Fliegen: "Man muss sie mit der Hand füttern. Diese Genmutation ist absolut tödlich, weil die Fliegen etwa in ihr Fressen fallen, in dem sie kleben bleiben und sterben".

Die Studie wurde an 27 vor 6 Jahren isolierten Stämmen von genetisch veränderten und so unkoordinierten Fruchtfliegen durchgeführt, wobei speziell die Defekte der nanoelektrischen Signalwege untersucht wurden. Hierbei konnte ein wichtiger Bestandteil des Signalweges, das Protein nompC, identifiziert werden.

Die neue Erkenntnis zur Funktionsweise der Mechanorezeptoren betrifft ihre bislang unbekannte Steuerung durch Gene: Bedingt durch die minimalen Ausmasse der Mechanorezeptoren ist biochemische Forschung hier schwierig, allerdings sind gerade diese Zellen bei der drosophilia relativ groß und leicht zugänglich, außerdem ist die genetische "Landkarte" der Fruchtfliegen bereits weitreichend erforscht.

"Wenn es nun gelänge, das nompC oder verwandte Proteine in anderen Komplexen aufzuspüren, würden weitere Signalwege identifizierbar", sagt Peter G. Gillespie vom Oregon Hearing Research Center an der Oregon Health Sciences University.

Studiensupervisor Zuker bringt es auf einen - recht pointierten - Nenner: "Drosophilia sind wunderbare Forschungsobjekte, sie beinhalten so ziemlich die selbe Biologie wie wesentlich komplexere Organismen. Im Prinzip sind wir nicht anderes als große Fliegen".

Die Forscher hoffen, daß diese Analogie zur molekularen Entschlüsselung auch der menschlichen Signalwege führen und damit das Verständnis der Entstehung und Therapie von angeborenen wie auch von erworbenen Hörproblemen verbessern könnte.

© medizin.at

 

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