Eine Allgemeinimpfung gegen viele Krebsarten? In einer Zeit der teils höchst selektiven Wirksamkeit von Einzelimpfungen - man denke nur an die Grippeimpfungen - mutet die Ankündigung eines möglichen Breitbandvakzins gegen Krebs seltsam, ja unrealistisch an.
Betrachtet man jedoch die Grundidee, versteht man die Hoffnung der Wissenschafter, deren Arbeit in den Proceedings of the National Academy of Science (PNAS) veröffentlicht wurde: Die Impfung richtet sich gegen ein Enzym, das in einer Anzahl von Tumoren des Menschen gefunden wurde, und mobiliseiert die Immunabwehr des Körpers.
Das Enzym Telomerase kontrolliert die Chromosomenlänge während der Zellreplikation und dürfte für die "Unsterblichkeit" von späteren Krebszellen verantwortlich sein. Unter der Leitung von Dr. Maurizio Zanetti entwickelten die Wissenschafter der UCSD (USA) und des Institut Pasteur Paris (F) eine Strategie zur Aktivierung der körpereigenen "Killerzellen" (CTL, ein Lymphozytentypus):
Durch die Immunisierung der Lymphozyten von Krebspatienten gegen Telomerase sollen CTL generiert werden, die ihrerseits von den die durch die erhöhte Telomerase-Aktivität von Krebszellen erzeugten Telomerase-Peptide in ihr Ziel gelenkt werden: Der Leitstrahl für die CTL, die "cruise missiles des Immunsystemes".
"Obwohl das Immunsystem mit fortschreitender Erkrankung sukkzessive geschwächt wird, überlegten wir, ob die Fähigkeit der Lymphozyten zur erkennung von Telomerase weiterbestünde und ob wir über dieses Enzym das Immunsystem wieder stärker aktivieren könnten", erklärt Zanetti. In vitro - Versuche an Blutzellen von Patienten mit Prostatakrebs sowie an gentechnisch veränderten Mäusen bewiesen nun die Richtigkeit dieser Annahme.
Da Telomerase eine wichtige Rolle in der großen Mehrheit maligner Tumore spielt, stellten die Forscher die These auf, daß CTL, die als Reaktion auf einen Tumortypus produziert wurden, auch die Telomerase-Peptide anderer Tumore erkennen und die Krebszellen vernichten würden. Auch dies konnte durch Versuche an Brust-, Dickdarm- und Lungenkrebszellen sowie an jenen von Melanomen verifiziert werden.
Weitere Versuche zu etwaigen Beeinträchtigungen der Stammzellen, deren schnelle Reproduktionsrate einen höheren Anteil an Telomerase verursacht, ergaben keine negativen Effekte. Allerdings, so die Wissenschafter, solle die Möglichkeit verstärkter Autoimmunreaktionen noch erforscht werden.
Insgesamt seien die Ergebnisse der Studien vielversprechend, so Zanetti, der unterstreicht, daß die Instrumentalisierung von Telomerase als Angriffsziel in vielen Tumoren ein weiterer Schritt hin zu einer Allgemeinimpfung gegen Krebs sei.
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