Noch ist es nur ein Verband hochspezialisierter Zellen, die rhythmisch pulsieren. Doch die gelungene Entwicklung einer dreidimensionalen und funktionsfähigen Zellkultur bietet Forschungsperspektiven und Therapiehoffnung.
Nur in mancher Hinsicht, so die Wissenschafter um Prof. Dr. Thomas Eschenhagen von der Universität Erlangen-Nürnberg, funktioniere das entwickelte Gewebe ähnlich einem Herz. Aus Zellen eines solchen besteht das feine zuckende Netz auch. Doch dieses Zellkulturmodell hilft bei der Erforschung von Funktionsweise und Erkrankungen des Herzens ebenso wie dadurch möglicherweise Ersatz für abgestorbenes Herzgewebe geschaffen werden kann.
Zwar werden ähnlich Kulturen schon seit 40 jahren in der Forschung eingesetzt, doch entsprechen weder Lebens- und Überlebensbedingungen noch die Proteinmuster der Kulturen denen normaler Herzzellen. Vor allem läßt sich der wichtigste Parameter, die Kontraktionskraft, unter diesen Bedingungen nicht messen. Überdies müssen Zytostatika die Herzzellen vor der Überwucherung durch andere zellen schützen.
Vernetzte Strukturen von Herzmuskelzellen konnten im Gegensatz zu Bindegewebs- und Knochenzellen
erstmals mit einer 1995 patentierten Methode entwickelt werden. Da es sich um Konstrukte handelt, wenn sie auch aus lebendem Material bestehen, wurde dafür die Bezeichnung "Engineered
Heart Tissues" (EHT) gewählt. Mehrere Wochen lang bleiben die künstlichen Herzgewebe aus eigener Kraft aktiv. Sie können aber auch elektrisch stimuliert, also an einen "Schrittmacher" angeschlossen und dann getestet werden. Reproduzierbare Messungen von Kraft, Frequenz, Bewegungen und Anspannung ohne Ausdehnung der Muskelfasern sind an diesen Modellen möglich.
Außerdem wird getestet, ob künstliche Zellverbände als Ersatz für abgestorbenes Herzgewebe geeignet sind, da sich das Herz nicht regenerieren kann. Auch wenn der Weg bis zum Kunstherz noch weit sein mag - die ersten Schritte sind getan.
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