Zwangseinweisung in eine psychiatrische Anstalt: Wer jemals in persönlichen Krisen die Grenzen sozial tolerierten Verhaltens überschritten hat, kennt die Furcht davor. Am Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste/ZPE der Universität Siegen läuft ein Forschungsprojekt zur Unterbringungspraxis in der Psychiatrie.
"Bei Unterbringung von Menschen in schweren Krisensituationen in der Psychiatrie handelt es sich um ein fachliches Problem, aber genauso auch um einen aus rechtstaatlicher Sicht brisanten Sachverhalt", so Professor Dr. Michael Regus vom ZPE. Eine genauere Untersuchung der divergierenden Einweisungspraxis sei daher dringend geboten.
Seit Beginn der 80er Jahre ist die Zahl der Patienten, die gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden, stark angestiegen. Gleichzeitig bestehen erhebliche regionale Unterschiede in der Einweisungspraxis, wie eine Vorstudie ergab. Das ZPE soll nun die Hintergründe dieser Entwicklung untersuchen. Neben der Ursachenforschung sollen Instrumente der Berichterstattung für die Psychiatrie weiterentwickelt und neue Möglichkeiten der Koordination und Kooperation zwischen den relevanten Diensten und Einrichtungen erprobt werden.
Im Rahmen des zweijährigen Projektes sollen landesweit klinische und behördliche Daten zur Unterbringungspraxis erhoben und untersucht werden. Anschließend sollen typische Interventions- und Unterbringungsroutinen und damit verbundene Probleme ermittelt werden, indem einerseits klinische Dokumentationen und Fälle analysiert, andererseits Interviews mit Patienten, Angehörigen und relevanten Akteuren geführt werden.
Auf dieser Basis sollen Qualitätsstandards für die psychiatrische Krisenintervention und Unterbringungspraxis weiterentwickelt und validiert werden, so daß Empfehlungen und Arbeitshilfen für die Einführung eines gemeindepsychiatrischen Qualitätsmanagements erarbeitet werden können.
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