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Fühle den Rhythmus

08.08.2000

Wir wissen, daß sensorische Informationen wie Fühlen, Sehen und Hören in elektrische Impulse umgewandelt und von Nervenbahnen zu sensorischen Zentren im Gehirn weitergeleitet werden. Die nach dem, von den Sinnesorganen erhaltenen, räumlichen Muster angeordneten Daten werden dann verarbeitet, um ihre verschlüsselte Botschaft zu enthüllen.

Eine Untersuchung von Dr. Ahissar vom Weizmann-Institut für Wissenschaften legt jedoch nahe, daß das Gehirn zur Verarbeitung taktiler Informationen mehr als nur die Bildung räumlicher Muster braucht - es muß den Rhythmus fühlen. Die in Nature veröffentlichte Studie zeigt, daß taktile Informationen sowohl als räumliche wie als zeitliche Daten verschlüsselt werden. Ahissar entdeckte, daß sich die Impulse kurz nach der Übertragung des sensorischen Inputs in elektrische Impulse auf zwei parallele Bahnen verteilen.

Die erste ist wahrscheinlich fur die räumlichen Daten zuständig, während die zweite die zeitlichen Daten verarbeitet. "Das Gehirn vergleicht die Zeitsteuerung der durch externe Stimuli aktivierten Zellen mit der inneren Zeitsteuerung anderer Gehirnzellen, die ähnlich wie ein Metronom funktionieren", sagt Ahissar.

Zur Aufklärung der funktionellen Bedeutung der zeitlichen Bahn, die bis dahin aufgrund technischer Schwierigkeiten nicht möglich war, entwickelte Ahissars Team eine Strategie, die die Verwendung von Stimuli einschloß, die den in der Natur anzutreffenden Stimuli ähnlich sind.

Die Ergebnisse legen auch ein Wer- und Was-Schema nahe, das durch die Frequenz der eintreffenden Impulse codiert wird. Die zeitliche Bahn verarbeitet in erster Linie Stimuli mit niedrigen Frequenzen, die genügen, um die Position eines Objektes zu lokalisieren. Im Gegensatz dazu konzentriert sich die räumliche Bahn auf die Verarbeitung von Hochfrequenz-Stimuli, wodurch sie sich mehr für die Darstellung von Objektmerkmalen eignet.

"Die meisten natürlichen Texturen sind äußerst detailreich", erklart Ahissar. "Man stelle sich vor, man fährt mit dem Fingern über ein Stück Stoff. Je komplexer das Gewebe, auf desto mehr 'Höcker' taktiler Informationen stößt man, was bedeutet, das eine größere Menge eingehender Daten verarbeitet werden muß."

Die vorliegende Untersuchung könnte zur Verbesserung taktiler Hilfen für Blinde beitragen. Diese Hilfsmittel wurden Ahissar zufolge ursprünglich den Bedürfnissen der bekannten Physiologie der Fingerspitze angepast, jedoch ohne Berücksichtigung der Verarbeitungsprozesse des Gehirns. So sind zum Beispiel die Buchstaben der Brailleschrift zu groß, so daß Benutzer die Informationen oft zweimal abtasten müssen, um alle Daten zu erhalten und sie dann "zusammenstückeln" zu können.

Die neuen Ergebnisse, die nahelegen, daß eine wirkungsvolle Verarbeitung taktiler Informationen in einem Zusammenhang erfolgen muß, könnten die relative Langsamkeit der meisten Braille-Leser erklären. Wie bei so vielem im Leben, geht es auch hier um das richtige Timing.

© medizin.at

 

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