Der Schmerz drückt dumpf im ganzen Schädel oder legt sich wie eine stählernes Band um die Stirn: In Deutschland leiden 2-3% der erwachsenen Bevölkerung, also zwischen 1,3 bis zwei Millionen Menschen, unter chronischem Spannungskopfschmerz - die Betroffenen haben ihre Beschwerden täglich oder fast täglich.
Ob das Bakteriengift Botulinum-Toxin chronische Spannungskopfschmerzen lindern kann, überprüfen Experten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) im Rahmen klinischer Studien, die jetzt angelaufen sind.
"Diese Kopfschmerzform ist auch heute noch ein therapeutisches Problem", erklärt Professor Straube vom Universitätsklinikum Großhadern. Wodurch diese Kopfschmerzform verursacht wird, ist noch nicht endgültig geklärt, Experten vermuten, daß mehrere Faktoren zusammenkommen müssen. Muskelverspannungen im Kopf- und Gesichtsbereich spielen eine Rolle sowie eine erniedrigte Schmerzschwelle im Zentralnervensystem. Diese führt dazu, daß selbst leichte Reize bereits als schmerzhaft empfunden werden. Auch Erbfaktoren scheinen beteiligt zu sein.
"Ein chronischer Spannungskopfschmerz darf jedoch nicht mit Schmerzmitteln behandelt werden", warnt Dr. Pfaffenrath, Vizepräsident der DMKG. "Denn wenn Kopfschmerzpatienten an mehr als zehn Tagen pro Monat Schmerzmittel einnehmen, droht die Gefahr eines sogenannten Medikamenten-induzierten Kopf-schmerzes", betont Professor Hartmut Göbel von der Schmerzklinik Kiel. Darum empfiehlt die DMKG nicht-medikamentöse Maßnahmen, etwa die progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Streßbewältigungstraining oder Biofeed-back sowie eine vorbeugende Behandlung mit bestimmten Antidepressiva, die die Schmerzverarbeitung im Gehirn beeinflussen.
Inzwischen gibt es Hinweise, daß eine Injektion von Botulinum-Toxin A in die betroffene Muskulatur die Beschwerden für cirka 3 Monate lindern kann. In geringen Dosierungen setzen Ärzte den Wirkstoff schon seit Jahren ein, um bestimmte Erkrankungen wie etwa einen Schiefhals zu bekämpfen. Die Substanz führt zu einer Hemmung übermäßiger Muskelanspannung und hat einen direkten Effekt auf schmerzleitende Nervenfasern.
Auf die Idee, diesen Wirkstoff bei Spannungskopfschmerzen einzusetzen, kamen die Experten aufgrund von Zufallsbeobachtungen. So registrierten Schönheitschirurgen, die das Mittel gegen tiefe Mimikfalten einsetzten, daß bei Patienten mit Spannungskopfschmerzen die Beschwerden besser wurden. Dieser Effekt steht nun auf dem Prüfstand der klinischen Forschung.
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