Kinder mit sozialen und persönlichen Handicaps landen nicht zwangsläufig auf der "schiefen Bahn". Die wenigsten von denen, die in bitterer Armut, zerrütteten Elternhäusern oder mit einem Geburtsfehler zur Welt kommen, entwickeln sich zu Kriminellen oder Drogenabhängigen.
Viele schaffen den Weg aus dem sozialen Abseits, manche machen sogar Karriere. Den Gründen dafür ging die US-amerikanische Psychologin Prof. Werner von der (University of California/Davis) nach und stellte beim 42. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ihre Längsschnittstudie vor, in der sie die Lebenswege solcher "Problemkinder" über 40 Jahre hinweg
begleitete.
Werner hat für das beobachtete Phänomen den Fachbegriff der "Unverwundbarkeit" mitgeprägt, das meint den ungebrochenen Lebensmut dieser Kinder: Sie entwickeln ein Hobby, ein besonderes Interesse, vielleicht eine höhere soziale Kontaktfreudigkeit - und finden somit häufig die Hilfe eines elterlichen Mentors, etwa der Großmutter, eines Nachbarn oder Lehrers. Entscheidend, so Werner, ist daß die Kinder Zuversicht und Selbstvertrauen ausbilden und lernen, Verantwortung - nicht zuletzt für die eigenen Geschicke - zu übernehmen.
Diese Mechanismen funktionieren auch noch in höherem Lebensalter, bei
Jugendlichen oder jungen Erwachsenen. Eine zwangsläufige Vorprägung des
Lebenswegs durch die soziale Umwelt gibt es demnach nicht. Sicher, so Werner, stoße man in den Biographien der meisten Schwerverbrecher auf mögliche Vorbeeinflussungen in der Kindheit. Der Umkehrschluß, daß eine schwere Kindheit unweigerlich in die Kriminalität führe, ist falsch.
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