Psychische Probleme älterer Menschen haben ihre Ursache nicht immer in der aktuellen Lebenssituation (Verlust des Lebenspartners, Krankheit, Einsamkeit und Isolation) oder in Schwierigkeiten mit der Bewältigung des körperlichen Alterns.
Oft handelt es sich bei psychischen Problemen im höheren Lebensalter um Langzeitfolgen traumatischer Erfahrungen in der Vergangenheit. Die Zusammenhänge zwischen schweren Belastungen - wie leidvolle persönliche Schicksale während des Nationalsozialismus oder Erfahrungen sexueller Gewalt - stehen vom 13.-14.10. im Mittelpunkt einer Tagung der Westfälischen Wilhelms-Universität und des Franz Hitze Hauses in Münster.
"Persönliche Biographie und Zeitgeschichte" ist das Leitthema, im Rahmen der Veranstaltung werden Studien vorgestellt, in denen die Folgen schwerer biographischer Belastungen und psychischer Traumatisierungen untersucht wurden. Ziel ist, das Wissen über diese Zusammenhänge zu vertiefen, denn nach wie vor werden, wie es im Vorwort zur Tagung heißt, "in Europa und der übrigen Welt Menschen systematisch psychischen Traumatisierungen ausgesetzt".
Aus klinischer Sicht gelte es daher "bei einer Symptombildung im Alter auch an die Spätfolgen von Erfahrungen aus der Zeitgeschichte zu denken - sei es im Umgang mit individuellen Problemen oder auch mit Einstellungen und Werthaltungen ganzer Gruppen."
Die Tagung beginnt mit einem Vortrag über die Einflüsse historischer Entwicklungen auf den individuellen Lebenslauf und die Deutung der Biographie. Im weiteren Verlauf geht es um traumatische Erfahrungen der deutschen Zivilbevölkerung während Flucht und Vertreibung am Ende des 2. Weltkrieges und heutige Belastungsstörungen und um Erfahrungen sexualisierter Gewalt in der Lebensgeschichte alter Frauen.
Neben den Ergebnissen neuer Studien werden auch Möglichkeiten einer
fachpsychotherapeutischen Behandlung alter Menschen erörtert. Diskutiert wird auch, warum manche Menschen trotz schwerster persönlicher Schicksale psychisch gesund bleiben und Andere trotz guter körperlicher Verfassung im Alter hochgradig unzufrieden sind. So beleuchtet ein Vortrag die psychische Widerstandsfähigkeit im Alter, ein anderer die Geschlechtsabhängigkeit von Körperbeschwerden in Ost- und Westdeutschland im Wandel der Zeit.
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