Sauerstoff ist einerseits lebensnotwendig, kann jedoch in aktivierter Form (Sauerstoffradikale) zu Zellschäden führen. Die Arbeitsgruppe von Prof. Speit an der Universität Ulm (Deutschland) erforscht genetische Effekte in Zellen, die verstärkt der Einwirkung von Sauerstoff ausgesetzt sind.
Bei der Hyperbaren Sauerstoff (HBO)-Therapie atmen Patienten für kurze Zeit in einer Überdruck-Kammer reinen Sauerstoff, wodurch es zur Erhöhung des Sauerstoffgehalts in den Geweben kommt. Die Therapie wird bei Luft/Gas-Embolie, Kohlenmonoxidvergiftung, akuter traumatischer Ischämie u.ä. eingesetzt.
In der Regel erfolgen die Behandlungen täglich und erstrecken sich über unterschiedliche Zeiträume. Speit´s Arbeitsgruppe hat nun einerseits Blutzellen von Probanden nach HBO untersucht und andererseits Zellkulturexperimente in einer Überdruckkammer durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, daß HBO zu Schäden an der DNA führen kann, die mittels Comet Assay nachgewiesen wurden.
Weiters stellte sich heraus, daß diese Schäden von den Zellen repariert werden können und sich wahrscheinlich nicht als Mutationen manifestieren. Die biologische Bedeutung der gefundenen DNA-Veränderungen ist jedoch noch unklar, sie sind aber als unerwünschte Nebenwirkung der HBO-Behandlung anzusehen.
Gleichzeitig induziert die HBO Schutzmechanismen, die die Zellen vor
weiteren Sauerstoff-bedingten Schäden schützen. Es konnte gezeigt
werden, daß die Aktivierung des Gens für das Enzym Hämoxygenase-1 hier
eine zentrale Rolle spielt. Da die Schutzfunktion schon nach sehr kurzer
HBO-Behandlung eintritt, wurde von der Arbeitsgruppe eine Modifikation
des Standardprotokolls der HBO-Therapie vorgeschlagen: Wird beim ersten
Mal eine verkürzte Behandlung durchgeführt und ab dem zweiten Tag das
Standardprotokoll angewendet, können die zellulären Schutzfunktionen
aufgebaut und die Induktion von DNA-Schäden vermieden werden.
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