Ein Verfahren, mit dem sich Struktur und Aktivität von Tumoren in ihrer ganzen Ausdehnung und von allen Seiten betrachten lassen, haben Forscher des Dortmunder Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie und des Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg entwickelt. Bald könnte dies zur Routinediagnostik gehören.
Bisherige Verfahren waren zu zeitaufwändig, um sie in der Routinediagnostik einzusetzen. Mit der neu entwickelten Kombination aus computergestützter Bildanalyse und dreidimensionaler Rekonstruktion läßt sich innerhalb weniger Stunden die dreidimensionale Architektur von Zellen und Geweben in einer hohen Auflösung darstellen.
Leuchtende Tumorzellen...
Die Forscher konzentrierten sich auf Minitumore, die aus Krebszellen des Patienten kultiviert werden. "Heute weiß man, daß Mikrotumore die Verhältnisse im Patienten wesentlich besser widerspiegeln als einzelne Krebszellen. So zeigen einige Tumore bei einer Therapie Resistenzen, während einzelne Tumorzellen im Laborversuch diese Resistenzen nicht besitzen", erklärt dazu Prof. Acker vom Max-Planck-Institut.
Im Krankenhaus wird das Tumorgewebe entnommen und im Labor ein Mikrotumor gezüchtet. Diesen untersuchen die Forscher mit einem konfokalem Laser-Scanning-Mikroskop, der derzeit leistungsfähigsten Technik für die Analyse der räumlichen Organisation in der Zelle. Zuerst wird der Minitumor mit Farbstoffen versetzt, die an Strukturen in der Zelle binden. Durch die Färbung leuchten die Strukturen in der Zelle selbst, dadurch lassen sich sogar Einzelheiten erkennen, die eigentlich jenseits der Auflösung der Lichtmikroskopie liegen.
Das optische "Seziermesser"
Mit dieser Kombination aus Laser, Spezialoptik und Computer werden Zellen und Gewebe des Minitumors gewissermaßen "optisch seziert". Es wird immer nur die Schicht dargestellt, die direkt im Fokus des Laserstrahls liegt. Hierzu erzeugt der Laser Lichtimpulse von einigen Femtosekunden.
Mit der Kopplung aus Femtosekunden-Laser und hochauflösendem Mikroskop blicken die Forscher bis zu 0,22 mm tief in das Tumorgewebe hinein, klären die filigranen Strukturen auf und setzen diese mit verschiedenen Zellaktivitäten in Verbindung. Da die Zellen nur eine Höhe von etwa 0,06 Millimeter haben, kann man eine große Zahl von Zellschichten untersuchen. Die "optischen Schnitte" durch die gefärbten Strukturen nimmt eine Digitalkamera im Mikroskop auf, es entsteht eine große Menge an Daten, die mittels Computerprogramm zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt werden, um die Zellaktivitäten visuell darzustellen.
Individuelle Therapieanpassung möglich
Das Untersuchungsverfahren ermöglicht es, Aktivitätszustände von Tumorzellen in einer bisher nicht gekannten Genauigkeit zu analysieren. Dadurch ergeben sich für medizinische Diagnostik und Behandlungsplanung völlig neue Möglichkeiten, bspw zur Vorbereitung operativer Eingriffe oder Planung von Bestrahlungen. Darüber hinaus ermöglicht die Kopplung verschiedener Untersuchungsverfahren, die Behandlung auf die Besonderheiten des jeweiligen Patienten zuzuschneiden, was zu deutlich weniger Nebenwirkungen führen wird.
Drei Dimensionen auch für andere bildgebende Verfahren
Die Verarbeitung biomedizinischer Daten kann auch in anderen Untersuchungsmethoden - wie NMR, PET oder Ultraschall - eingesetzt werden und dort ebenfalls eine dreidimensionale Darstellung und Auswertung ermöglichen. Zudem ist es für viele Untersuchungen wichtig, die Ergebnisse verschiedener Diagnoseverfahren überlagert darzustellen. Das neue 3D Computer-Verfahren aus dem Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie ermöglicht eine solche Überlagerung dreidimensionaler Datensätze.
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