Kinder lernen langsamer als Erwachsene, machen dabei aber nicht mehr Fehler. Außerdem achten Kinder stärker auf Genauigkeit, während Erwachsene mehr Wert auf Schnelligkeit legen. Das sind einige Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt der Universität Würzburg, bei dem die Entwicklung von Lernstrategien bei Kindern untersucht wird.
Seit November 1999 haben mehr als 300 Personen an der Untersuchung
teilgenommen. Es waren folgende Altersklassen vertreten: 8jährige,
10jährige und Erwachsene. Während dem Test wurde eine nummerierte Karte
in der Bildschirmmitte gezeigt und eine entsprechend nummerierte Taste
sollte gedrückt werden - also bei Karte 1 immer die Taste 1. Danach
wurde die nächste Karte dargeboten usw. Der gesamte Test dauerte etwa 15
Minuten.
Einige Karten erschienen öfter als andere und die
Übergangswahrscheinlichkeiten wurden variiert: So kam nach Karte 2 immer
die 4 und vor der 4 immer die 2. Über diese Variationen wurden die
Teilnehmer vor dem Versuch nicht informiert. Sie sollen nur möglichst
schnell und fehlerfrei die richtigen Tasten drücken.
Dr. Martin faßt die bisherigen Ergebnisse zusammen: Was die
Reaktionszeit angeht, sind Kinder langsamer als Erwachsene. Achtjährige
benötigen durchschnittlich 800 Tausendstel Sekunden für einen
Tastendruck, Zehnjährige 600 und Erwachsene 400. Die Fehlerzahlen
unterscheiden sich in den drei Altersgruppen nicht voneinander und liegt
durchschnittlich vier Prozent.
Die Psychologin fand heraus, daß Kinder zwar lernen, also während des
Versuchs immer schneller reagieren und dabei immer weniger Fehler
machen, daß sie aber nicht sagen können warum. Erwachsene können
erklären, warum sie bei dem Spiel immer besser werden, sie können die
Häufigkeiten der Karten oder die Übergänge ausdrücklich benennen. "Das
ist ein Entwicklungstrend vom unbewussten Lernen bei Kindern hin zum
bewussten Lernen bei Erwachsenen, dem so genannten expliziten Wissen",
erläutert Dr. Martin. Es gab keine Unterschiede zwischen Mädchen und
Jungen, weder bei der Reaktionszeit, der Fehlerzahl noch beim expliziten
Wissen.
Dr. Martin: "Allgemein kann gesagt werden, daß exakte
Reaktionszeitmessungen bei Kindern im Grundschulalter sehr gut
methodisch durchführbar sind. Kinder achten mehr auf Genauigkeit, ärgern
sich bei einem Fehler, und Erwachsene achten mehr auf Schnelligkeit: Sie
empfinden Fehler als nicht so schlimm, messen sich aber an der
Steigerung der Schnelligkeit. Fazit: Kinder wurden bisher erheblich
unterschätzt, Erwachsene überschätzt."
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