Die Geburt ist vorüber, die Mutter lächelt erschöpft aber glücklich auf ihr Neugeborenes herunter: So lautet jedenfalls das Klischee. In der Praxis sind die Mütter jedoch erschöpft, weinen und können sich nicht richtig über ihr Kind freuen.
Das allein sei aber noch nicht schlimm, erklärt Prof. Dr. Katschnig, Klinikvorstand der Psychiatrie im Wiener Allgemeinen Krankenhaus: "Das ist der Baby-Blues. Dieses Phänomen wurde früher "Heultage" genannt und tritt sehr häufig nach einer
Geburt auf. Davon zu trennen ist die eigentliche postpartale Depression ."
90 Prozent aller PPD-Fälle können ambulant behandelt werden, eine stationäre Betreuung wird nur dann nötig, wenn Suizidgefahr besteht. Auch hier spielt, die Früherkennung eine wichtige Rolle, denn so weit muß es bei einer richtigen Behandlung gar nicht erst kommen.
Dr. Klier, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie im AKH-Wien erläutert: "Der Baby-Blues ist sehr häufig, etwa 80% der Frauen leiden daran. Die Symptome des Blues gehen rasch vorüber und verschwinden gewöhnlich von selbst, so schnell, wie sie gekommen sind. Bei manchen Müttern läuft es leider nicht so gut. Sie leiden nicht am Baby-Blues, sondern an einer postpartalen Depression (PPD)."
Etwa 10-15% der Frauen erkranken an einer postpartalen Depression, die
normalerweise nicht im Wochenbett beginnt, sondern meist zwischen dem 3. Und 6. Monat nach und nach einsetzt. Von einer PPD spricht man, wenn Symptome wie Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit, Schuldgefühle, Angst und Reizbarkeit länger als 2 Wochen anhalten. Diagnose und Behandlung sind aber immer noch unzureichend.
"Nur wenige Mütter finden den Weg in eine Behandlung und dann wird ihnen leider oft das falsche gesagt: ´Naja, Frauen geht es immer schlecht nach der Geburt.` Es wird ihnen gesagt, sie sollen sich zusammenreißen", erklärt Dr.
Klier.
Um diese Krankheit einem breiten Fachpublikum besser bekannt zu
machen, findet am 13.1.2001 am Wiener AKH ein "state of the art Symposium" unter Leitung von Prof. Katschnig statt - denn das frühzeitige Erkennen der gut behandelbaren Erkrankung ist auch deshalb wichtig, da nicht nur die Mutter-Kind-Beziehung unter der PPD leidet, sondern die Kinder - neuesten Forschungen zufolge - später signifikant häufiger Verhaltensauffälligkeiten zeigen. (L. Murray
1999)
Die PPD entwickelt sich in den meisten Fällen nach 6-9 Monaten auch ohne Behandlung wieder zurück, sollte aber dennoch unbedingt behandelt werden, weil "die Mutter in dieser Zeit eine spezifisch-schwierige Aufgabe hat, nämlich ein Baby zu versorgen. Viele Mütter sind nach der Depression oft sehr traurig, weil sie quasi das erste Jahr mit ihrem Baby versäumt haben, weil es ihnen nicht möglich war, eine Bindung zum Kind einzugehen", erklärt Dr. Klier.
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