Die Überquerung von Zeitzonen bei Langstreckenflügen führt oft zum so genannten Jet-Lag, der darauf zurückzuführen ist, daß die innere Uhr sich erst an den neuen Tag-Nacht-Rhythmus anpassen muß, was einen bis mehrere Tage dauern kann. Neue Studien zur genetischen Steuerung der Verarbeitung von Lichtsignalen und Zeitverschiebungen könnten zu Strategien gegen den Jet-Lag führen...
Die Arbeit wurde in der aktuellen Ausgabe des "Journal for Biological Rhythms" veröffentlicht. Neue Ergebnisse des "Max-Planck-Institut für experimentelle Endokrinologie" und des "Baylor College of Medicine" in Houston zeigen nun, wie Lichtsignale und Zeitverschiebungen über sogenannten Period-Gene (Per1 und Per2) an die innere Uhr weitergegeben werden. Diese für die Periodizität verantwortlichen Gene wurden vor einigen Jahren identifiziert.
In der Zeit, bis die Innere Uhr sich umgestellt hat, kommt es zu Müdigkeit, Schlafstörungen und Appetitlosigkeit. Um Strategien gegen diese Problematik zu entwickeln, arbeiteten die Forscher mit Mäusen, die sich besonders gut für Untersuchungen der biologischen Rhythmen eignen. Die Uhren-Gene dieser Tiere sind gut charakterisiert; sie funktionieren wie eine Wasseruhr: Laufend setzt die Zelle sie in Proteine um, bis sie quasi "überläuft". Dann blockieren die Proteine ihre eigene Produktion und werden abgebaut.
Dieser Kreislauf dauert eigentlich 25 Stunden, doch das Tageslicht sorgt dafür, daß die inneren Räderwerke immer wieder ein wenig nachgestellt werden und so mit der Außenwelt und dem 24-Stunden-Zyklus synchron laufen. Um herauszufinden, wie diese Feinabstimmung bei extremen Zeitverschiebungen funktioniert, experimentierten die Forscher mit Knockout-Mäusen, bei denen entweder eines oder beide Gene defekt waren.
Die Tiere wurden danach unterschiedlichen Lichtverhältnissen ausgesetzt. Die Aktivität der Mäuse wurde anhand ihrer Laufrad-Aktivität gemessen. Da Mäuse nachtaktiv sind, beginnen sie, sobald das Licht ausgeht, zu laufen. Gibt man nun Lichtpulse in der frühen oder in der späten Nacht, stellen die Mäuse sich in ihrem Zyklus um - Ihre innere Uhr reagiert auf das Signal von außen.
Dabei scheinen die Per-Gene als Regulatoren wichtig zu sein; und wie Stellrädchen an einer Armbanduhr zu funktionieren. Die Versuche mit den Knockout-Mäusen zeigten, daß zwei Stellrädchen mit spezifischer Funktion vorhanden sind: Während Per1 die innere Uhr nach vorn verstellt, verursacht Per2 eine Verschiebung nach hinten. Gibt man den Lichtpuls beispielsweise in der frühen Nacht, denken die Tiere, der Tag sei länger und dementsprechend werden sie in der nächsten Nacht später aktiv; ein Lichtpuls gegen Morgen aber verschiebt die Uhr nach vorn.
Die Gene Per1 und Per2 spielen demnach bei der Gewöhnung an einen neuen Tagesrythmus eine entscheidende Rolle. Jetlag nach Langstreckenflügen ist dabei nur ein Beispiel für die Bedeutung der Synchronisation zwischen äußerer Zeit und inneren Uhren. Wichtig sind diese Befunde auch für Probleme bei Schichtdienst, für Winterdepression und Syndrome wie das der vorverlagerten oder verzögerten Schlafphase. Hier könnten die Forschungen zu neuen Behandlungsansätzen führen.
Daß die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, zeigte eine unlängst in "Science" veröffentlichte Studie, in der nachgewiesen werden konnte, daß Patienten mit vorverlagerter Schlafphase einen Defekt des Per2-Genes aufweisen. (Toh et. al.: Science 291, 1040-1043, 2001).
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