Es ist seit längerem bekannt, daß die Anfälligkeit eines Mensch für Alkoholismus auf genetische Faktoren zurückzuführen sein dürfte. Nun gibt es Anzeichen dafür, daß in diesem Prozeß neurochemische Substanzen, besonders aber ein Enzym, eine wichtige Rolle spielen.
Welche genetischen Faktoren bei der Entstehung der Alkoholsucht jedoch eine Rolle spielen, war bislang ungeklärt. Forscher der Universität Bonn haben herausgefunden, daß die erbanlagen mitentscheiden, welche Mengen dieser Subtanzen im Gehirn gebildet werden.
Eine der Substanzen, die zum Alkoholismus beitragen dürften, ist Salsolinol, das sich im Gehirn aus Acetaldehy (ein Abbauprodukt des Alkohols) und Dopamin bildet. Die Forscher konnten in Experimenten bereits nachweisen, daß Tiere nach einer Salsolinolgabe, mehr Alkohol zu sich nehmen. Dr. Mußhoff von der Universität Bonn entdeckte nun Indizien dafür, daß zumindest ein Teil des Salsolinols durch ein Enzym gebildet wird.
Personen, denen die genetische Information für dieses Enzym fehlt, sollten weniger Salsolinol bilden und daher vielleicht weniger schnell der Alkoholsucht verfallen als solche, die den Bauplan in ihren Genen mit sich herumtragen.
Salsolinol wirkt ähnlich wie Dopamin, das für die Entstehung von
Glücksgefühlen verantwortlich gemacht wird. Es wird vor allem in den
Gehirnregionen gebildet, die für die Entstehung der Sucht
verantwortlich gemacht werden. Bei Alkoholgenuß steigt dort der
Salsolinol-Spiegel deutlich an - und damit auch die Stimmung des
Zechers.
Von Salsolinol existieren zwei Varianten, die sich spiegelbildlich
zueinander verhalten und die als (R)- und (S)-Form bezeichnet werden.
In geringen Mengen bildet es sich spontan, sobald Acetaldehyd und
Dopamin zusammen kommen, das heißt ohne Mithilfe eines Enzyms. Bei
dieser spontanen Bildung entstehen beide Spiegelbildisomere etwa
gleich häufig. Die Forscher vermuten jedoch, daß die Reaktion im
menschlichen Körper durch ein spezielles Enzym katalysiert werden
könnte - dann Fall würde sich lediglich eine der beiden Varianten
bilden. Mußhoff konnte nun nachweisen, daß in den Suchtzentren des
Gehirns die (R)-Form etwa doppelt so häufig vorkommt wie die (S)-Form
- ein Hinweis darauf, daß zumindest ein Teil des Salsolinols durch ein
Enzym gebildet wird.
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