Untersuchungen von Dr. Heyne vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Friedrich-Schiller-Universität, Jena zufolge kann die Strahlendosis bei Röntgenuntersuchungen um bis zu 85% reduziert werden.
Heyne wurde nun für die Arbeit "Reduktion der Strahlenexposition mittels Speicherfolienradiographie" mit der höchsten Auszeichnung der deutschen Strahlenmedizin, dem Hanns-Langendorff-Preis ausgezeichnet.
Bei Speicherfolien handelt es sich um digitale Medien, die den klassischen Röntgenfilm in der Radiologie zunehmend ersetzen. Heyne ging in seiner Arbeit der Frage nach, ob und wieweit die Dosis bei diesem Verfahren generell und in Abhängigkeit von der zu untersuchenden Fragestellung gesenkt werden kann, ohne die Qualität und diagnostische Aussagekraft der Röntgenaufnahme zu beeinträchtigen.
Bei seinen Studien an verschiedenen naturgetreuen Knochenphantomen und
anatomischen Objekten kam Heyne zu dem Ergebnis, dass die Strahlendosis bei Schädelaufnahmen auf mindestens 56% des bisher applizierten Wertes gesenkt werden kann, bei Handaufnahmen auf 52%, bei Untersuchungen des Beckens auf mindestens 78-50 % und beim Röntgen der Lendenwirbelsäule auf 44-26 %. Zur Stellungskontrolle nach einem Knochenbruch reichten sogar 15-23 Prozent der bisher verwendeten Strahlendosis.
"Eine geringere Strahlendosis führte beim konventionellen Röntgen zwangsläufig zu einer unterbelichteten, nicht verwertbaren Aufnahme. Die digitale Aufnahme liefert dagegen durch die Optimierung der Grauwertzuteilung praktisch immer ein verwertbares Bild. Senkt man die Dosis, steigt sukkzessive das Bildrauschen an", erläutert Heyne. In vielen Fällen könne man dieses Rauschen aber tolerieren, solange es eine eindeutige Diagnose zu lasse.
Er fertigte von seinen Studienobjekten zahlreiche Aufnahmeserien an und reduzierte dabei schrittweise die Strahlendosis. Die Röntgenbilder ließ er dann von fünf Röntgenärzten unabhängig voneinander begutachten, die eine Einschätzung abgaben, ab welcher Dosis die Bildqualität zu schlecht für die Beurteilbarkeit der Aufnahmen bzw. Beantwortung der Fragestellung war. So konnte er konkrete niedrigere Belichtungswerte ableiten.
"Diese Einschätzung hängt natürlich von der Erfahrung des Untersuchers mit dosisgeminderten Röntgenaufnahmen ab", gibt Heyne zu bedenken. Außerdem müsse man die Dosis bei bestimmten Aufnahmen auch auf die Patientendicke individuell einstellen. Grundsätzlich habe er aber gezeigt, daß in jedem Fall eine erhebliche Reduktion der Strahlenexposition möglich sei.
Am Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität wird die Speicherfolienradiographie bereits seit einigen Jahren genutzt. Bei dem Verfahren wird eine Speicherfolie mit Röntgenstrahlen belichtet, digital ausgelesen, gelöscht und wiederverwendet. Das Bild erscheint auf einem Monitor und kann im Bedarfsfall auf einen Laserfilm ausgedruckt werden. Derzeit wird am Universitätsklinikum Jena noch mit diesen Filmen gearbeitet, aber nach und nach sollen die Stationen mit Monitoren ausgestattet werden, an denen die behandelnden Ärzte sich Röntgenaufnahmen über das Kliniknetzwerk ansehen können.
In der Praxis kommen die von Heyne ermittelten, niedrigeren Strahlendosen aber noch nicht zum Einsatz. "Das ist erst einmal ein völlig neuer Ansatz, dem weitere Untersuchungen folgen müssen", so Heyne. Aber da Strahlenmediziner verpflichtet sind, sich für den Strahlenschutz einzusetzen und mit so wenig Röntgenstrahlung wie nötig zu arbeiten, werde seine Idee auch in die Praxis Eingang finden, ist sich Heyne sicher. Dann können die Patienten weltweit mit geringeren Strahlendosen geröntgt werden.
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