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Nervensystem: Neue Entdeckung zur interzellulären Kommunikation

17.05.2001

Wie funktioniert die Kommunikation zwischen den Neuronen? Die Stelle der Kontaktaufnahme zwischen zwei Neuronen, die Synapse, steht seit Jahrzehnten im Mittelpunkt der weltweiten, neurobiologischen Forschung. Eine bilaterale Forschungsgemeinschaft konnte nun neue Erkenntnisse zur interzellulären Kommunikation gewinnen.

Die deutschen und niederländischen Wissenschafter entdeckten einen bisher völlig unbekannten Typus der synaptischen Kommunikation. Ihre richtungsweisenden Forschungsergebnisse stellen sie in der aktuellen Ausgabe von "Science" vor.

Bisher war bekannt, dass die synaptische Kommunikation auf zwei grundlegenden Mechanismen beruht: Bei chemischen Synapsen wird als Folge der elektrischen Erregung eines Neurons an dessen Synapse eine chemische Substanz freigesetzt. Diese wiederum bewirkt, dass es in dem über die Synapse verbundenen Neuron ebenfalls zu einer elektrischen Erregung kommt. Bei einer elektrischen Synapse sind zwei Neuronen direkt durch Kanäle verbunden, über die sich die elektrische Erregung von einem auf das andere Neuron fortpflanzen kann.

Nun wurde ein dritter Mechanismus identifiziert: Dieser enthält Elemente von chemischen und elektrischen Synapsen. Fündig wurden die Wissenschaftler in der Netzhaut des Auges, der Retina, die als Teil des Gehirns alle typischen neuronalen Verschaltungen zeigt. Eine dieser Verschaltungen ist die "Rückwärts-Inhibition". Dabei bilden zwei Neuronen einen Regelkreis, der das synaptisch verbundene Neuron (postsynaptisches Neuron) zur anschließenden Inhibitation des präsynaptischen Neurons stimuliert. Solche Rückwärts-Inhibitionen bilden eine wichtige Basis aller bekannten neuronalen Funktionen.

In der äußeren Retina findet sich ein solcher Schaltkreis zwischen den Photorezeptoren und den Horizontalzellen und bildet die Grundlage für das Kontrast- und Farbensehen. Bislang ungeklärt blieb, durch welches chemische Signal der Horizontalzellen die Photorezeptoren inhibiert werden.

Die beiden Arbeitsgruppen konnten jetzt zeigen, dass keinerlei chemisches Signal notwendig ist, sondern dass die Kommunikation auf einem völlig neuen neuronalen Mechanismus beruht: Im synaptischen Bereich zwischen den Photorezeptoren und den Horizontalzellen fand sich eine neue Gruppe von Kanälen, die in die Membran der Horizontalzellen eingebaut sind. Da das Zellinnere von Neuronen negativ gegenüber dem Extrazellulärbereich geladen ist, fließt durch diese Kanäle ein Strom in die ZelleJe nach Erregung der Horizontalzellen fließt durch diese sogenannten Hemikanäle mehr oder weniger Strom, die Spannungsdifferenz ändert sich.

Damit regelt die Erregung der postsynaptischen Horizontalzellen direkt die Freisetzung des Neurotransmitters durch die präsynaptischen Photorezeptoren. Diese direkte, elektrische oder ephaptische Inhibition - immerhin der häufigst vorkommende Kommunikationsmechanismus im Gehirn - kommt somit ohne einen zusätzlichen Neurotransmitter aus.

Eine Störung der Balance zwischen Erregung und Inhibition ist die Ursache vieler neurologischer Erkrankungen von Schlaflosigkeit bis Epilepsie. Die medikamentöse Behandlung beruht weitgehend auf einem Konzept, das auf Interaktionen von chemischen Synapsen aufbaut. Die Einbeziehung der jetzt entdeckten neuen Mechanismen führt hier möglicherweise zu neuen Therapieansätzen.

© medizin.at

 

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