Es gilt als allgemein bekannt, daß sich Drogensüchtige mit der Zeit an das Rauschgift zu gewöhnen scheinen. Bislang ging man davon aus, daß der Grund für diesen Gewöhnungseffekt in der Abnahme der so genannten Opiat-Rezeptoren im Gehirn der Abhängigen zu suchen ist. Das Gegenteil jedoch ist der Fall ...
An diese Rezeptoren docken die suchtauslösenden Substanzen an und lösen einen Nervenreiz aus. Auch Tierversuche schienen diese Theorie zumindest
teilweise zu stützen. Bei der Untersuchung von Drogentoten machte nun Dr. Peter Schmidt vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn eine gegenteilige Entdeckung. Die Ergebnisse von Schmidt werfen eine Reihe von Fragen auf.
Schmidt untersuchte Gehirngewebe von zwölf Drogentoten und verglich es mit dem Gehirngewebe von 13 nicht-drogenabhängigen Verstorbenen. Er stellte dabei fest, daß die Konzentration der Opiat-Rezeptoren in der Hirnrinde der Drogenabhängigen höher war als in der Kontrollgruppe. In Tierversuchen dagegen war nach längerem Opiat-Konsum meist eine Abnahme der Rezeptorenzahl oder keine Veränderung festgestellt worden.
Bei sämtlichen untersuchten Drogentoten hatte eine Überdosis Heroin zum Tod geführt - eine bei Abhängigen häufige Todesursache, da der Reinheitsgrad auf der Straße gehandelten Rauschgifts stark variieren kann. "Es ist aber auch möglich, daß eine plötzliche Zunahme der Rezeptorenzahl die Konsumenten empfindlicher für die Droge werden lässt", mutmaßt der Rechtsmediziner Schmidt.
Eine weitere Möglichkeit wäre aber auch, daß vielleicht einige Menschen von Natur aus mehr Opiatrezeptoren besitzen - und aus diesem Grunde eher als andere dazu neigen, opiathaltige Drogen zu konsumieren.
© medizin.at