Der Diplom Chemiker Michael Blank und Prof. Hermann Schlüsener vom
Tübinger Institut für Hirnforschung haben an Versuchen mit Ratten
herausgefunden, dass spezielle bösartige, - an den Ratten künstlich
erzeugte - Hirntumore (Glioblastome) mit Hilfe einer neuartigen
Substanz einfacher und besser diagnostiziert werden können. Publiziert
wurden die neuen Ergebnisse in der Maiausgabe 2001 der Fachzeitschrift
"Journal of Biological Chemistry".
Der Test beruht auf der Tatsache, dass die Endothelzellen, die die
Blutgefäße in Tumoren auskleiden, auf ihrer Zelloberfläche Proteine
besitzen, die bei der Auskleidung der Blutgefäße im gesunden Körper
nicht vorkommen. Der Tumor selbst veranlasst die Endothelzellen zur
Herstellung dieser Proteine, indem er Wachstumsfaktoren produziert. Das
hat zur Folge, dass ein Netzwerk aus kleinen Blutgefäßen entsteht,
welches den Tumor durchdringt und gewährleistet, dass er mit
ausreichend Nährstoffen und Sauerstoff versorgt wird. Die Neubildung
des tumoreigenen Blutversorgungssystems ist wichtig für den steigenden
Nährstoffbedarf eines wachsenden Tumors. Gelänge es, die Entstehung
dieses versorgenden Netzwerkes zu unterdrücken, könnte das Wachstum des
Tumors gestoppt werden. Den Tübinger Forschern gelang es durch Versuche
an Ratten, eine Substanz zu entwickeln, die wie ein Schlüssel zum
Schloss an dieses spezifische Protein an den Gefäßen des Hirntumors
passt. Wird diese Substanz mit einem Fluoreszenzmarker gekoppelt,
können die Blutgefäße in den blutgefäßreichen Glioblastomen selektiv
und intensiv angefärbt und damit von gesundem Hirngewebe unterschieden
werden. Die gefundene Substanz unterscheidet sich von gebräuchlichen
diagnostischen Substanzen durch ihre problemlose Herstellung. Ein
weiterer Vorteil des neuen Testverfahrens ist die leichte
Modifizierbarkeit der Substanz nicht nur für bildgebende Diagnostika
sondern auch für Therapeutika.
Noch ein Pluspunkt ist, dass bei Therapien, die sich selektiv gegen das
tumorversorgende Gefäßsystem richten und nicht gegen die Tumorzelle an
sich, die Blut-Hirnschranke nicht überwunden werden muss. Diese
Schranke zwischen Blut und Hirnsubstanz stellt normalerweise eines der
Haupthindernisse bei der Therapie von Hirntumoren dar. Das bedeutet,
dass die Substanz in Zukunft auch als Trägermolekül für den
zielgerichteten Transport von Therapeutika eingesetzt werden könnte, um
damit das Wachstum von Hirntumoren aufzuhalten.
Glioblastome sind die häufigsten bösartigen hirneigenen Tumore. Pro
Jahr erkranken etwa 3.000 Menschen in Deutschland an einem Glioblastom.
Der Tumor kann in jedem Lebensalter auftreten, besonders häufig in der
fünften Lebensdekade. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.
Die Ursachen für die Entstehung von Hirntumoren sind nicht bekannt.
Erste Anzeichen eines Hirntumors können epileptische Anfälle,
Lähmungserscheinungen oder Veränderungen der Persönlichkeit sein.
Kopfschmerzen treten eher selten auf. Die Behandlung der Glioblastome
ist sehr schwierig und oft wenig erfolgreich.
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