Brillen oder Kontaktlinsen zur Korrektur von Fehlsichtigkeit sind heute nichts besonderes, ja sie werden sogar oft als modisches Accessoire getragen. Anders aber ist es bei Hörgeräten. "Viele Menschen weigern sich standhaft, eine Hörhilfe zu tragen. So mancher tröstet sich damit, im Alter halt einfach weniger gut zu hören. Dabei leidet aber etwa ein Viertel aller 60-Jährigen an Altersschwerhörigkeit", sagt Dr. Heinz Peter Slatin vom Österreichischen Roten Kreuz.
Ein gewisser Hörverlust ist mit zunehmendem Alter normal. Das bedeutet aber
nicht, dass man auf eine gute Hörqualität verzichten oder sich zurückziehen
muss. Slatin: "Oft dauert es Jahre, bis Patienten mit Hörproblemen den Weg
zum Arzt finden. Aber warum sollte man sich freiwillig der Möglichkeit
entziehen, Gespräche mitverfolgen zu können? Nicht zu vergessen ist auch die
Gefahr, die von Schwerhörigkeit ausgeht. Was ist, wenn akustische Signale im
Straßenverkehr, Warnsignale oder Warnrufe zu spät gehört werden?" Slatin
empfiehlt deshalb jedem Menschen ab dem 50. Lebensjahr, einmal jährlich zur
Kontrolle zum Ohrenarzt zu gehen.
Doch Schwerhörigkeit ist kein Privileg des Alters. Unentdeckte Hörschäden
bei Babys können die Entwicklung verzögern oder behindern. In den meisten
Krankenhäusern zählen Hörtests für Babys schon zum Alltag. Wenn aber ein
Kind im Alter von sechs bis sieben Monaten nicht zu lallen beginnt, so kann
dies an einem Hörschaden liegen. Slatin: "Rasche Hilfe ist wichtig. Denn um
spätere Schäden zu vermeiden, muss die Reifung der Hörbahnen im ersten
Lebensjahr unterstützt werden."
Die Zeit, in der man sich ein riesiges und unförmiges Hörrohr ans Ohr
gehalten hat, ist vorbei. Moderne Hörgeräte sind technisch einfach zu
bedienen und oft schon so klein, dass sie kaum mehr zu sehen sind. Hörgeräte
kommen nicht von der Stange, sondern werden individuell angepasst. "Der
Patient hat 14 Tage Zeit, ein Hörgerät auszuprobieren. Die meisten von
jenen, die vorher der Hörhilfe skeptisch gegenüber gestanden sind, sind nach
dieser Zeit von den Vorteilen überzeugt", so Slatin.
Dem Gesang der Vögel zu lauschen, den Fernseher wieder auf Zimmerlautstärke
zu stellen oder im Stimmengewirr wieder Gespräche mitverfolgen können, all
das wird wieder möglich, wenn man sich einen kleinen Ruck gibt und sich
nicht seinem vermeintlichen Schicksal fügt.
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