Einer von 7 Herzstillstand-Patienten ließe sich durch 24-stündige Unterkühlung retten und schwere Folgeschäden ließen sich drastisch reduzieren. Die Ergebnisse der europaweiten Studie wurden im New England Journal of Medicine (N Engl J Med, Febr. 21, 2002; Vol 346 (8) S. 549-556) veröffentlicht.
In der Studie wurde eine Gruppe von 275 Patienten untersucht, deren Blutzirkulation nach einem durch Kammerflimmern verursachten Herzstillstand für 5-15 Minuten unterbrochen gewesen war. Die Hälfte der Patienten wurde binnen vier Stunden nach dem Herzstillstand für 24 Stunden auf 32-34 Grad gekühlt. Bei der anderen Hälfte wurde die Körpertemperatur nicht abgesenkt. Ansonsten wurden beide Gruppen in der gleichen Weise behandelt.
"Sechs Monate nach dem Herzstillstand zeigten 55% der gekühlten Patienten gar keine oder nur geringe Beeinträchtigungen der Hirnfunktionen, 4% zeigten schwere neurologische Schäden, 41% waren verstorben", faßt Dr. Walger von der Universität Bonn ,einer der Ko-Autoren der Studie, die Ergebnisse zusammen. "Dagegen beobachteten wir lediglich bei 39% der nicht gekühlten Patienten keine oder nur geringe Störungen, 6% erlitten schwere Hirnschädigungen, und 55% waren verstorben."
Wie die Kälte wirkt
Bei mehrminütiger Unterbrechung der Blutzirkulation bilden sich im Körper große Mengen freier Radikale, die beim wiederbelebten Patienten eine Kettenreaktion in Gang setzen können, an deren Ende irreparable Hirnschädigungen stehen. Diese verstärken die Schädigungen, die durch den Sauerstoffmangel selbst verursacht werden. Die Radikalbildung scheint durch die niedrigen Temperaturen ebenso verlangsamt wie die von ihnen ausgelösten Stoffwechselprozesse.
Die Aussagekraft der aktuellen Studie wird durch die große Patientenzahl erhöht. Auch die Ergebnisse einer australischen Studie, die zur gleichen Zeit veröffentlicht wurde, weisen in diese Richtung: Dr. Walger: "Jährlich erleiden etwa 375.000 Europäer einen Herzstillstand; 30.000 von ihnen erfüllen die Bedingungen, die wir für unsere Studie angelegt haben. Würde man diese 30.000 Patienten sämtlich in der beschrieben Weise kühlen, könnte man in bis zu 7.500
Fällen einen schwereren neurologischen Schaden verhindern."
Bereits in den 50er und 60er Jahren wurden die Auswirkungen einer Unterkühlung auf Überlebenschance und Spätschäden bei wiederbelebten Patienten untersucht. Aufgrund der damals widersprüchlichen Ergebnisse wurden erst in den 90er Jahren weitere Untersuchungen durchgeführt. An der aus EU-Mitteln geförderten nun durchgeführten Studie nahmen neben der medizinischen Poliklinik der Universität Bonn auch weitere acht europäischen Zentren teil.
Das New England Journal of Medicine widmete dem Thema "Unterkühlung
nach Herzstillstand" sowohl ein Editorial als auch einen Übersichtsartikel. Auch wenn den Autoren bewußt ist, daß weitere Studien nötig sind, raten sie bereits jetzt: "Wir empfehlen die Methode der leichten Unterkühlung bei Überlebenden eines Herzstillstandes - so früh wie möglich und für mindestens zwölf Stunden."
© medizin.at