Vor dem Hintergrund der immer heftiger werdenden Proteste gegen die geplante Universitätsreform appellieren die angestellten Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) an das Bildungsministerium, sich der massiven Kritik der Betroffenen an dem Gesetzentwurf nicht länger
zu verschließen.Kogelbauer: Ministerium soll breite Ablehnungsfront nicht länger ignorieren - angestellte Ärzte fordern mehr Mitbestimmungsrechte für Mittelbau
"Es ist in den vergangenen Tagen deutlich geworden,
dass ein sehr breites Spektrum der Universitätsangehörigen, von
kompletten Senaten angefangen, über die Rektorenkonferenz, die
Mittelbauvertretungen und Studenten, bis hin zur Gewerkschaft und der
Österreichischen Ärztekammer den Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form
ablehnt. Bildungsministerin Gehrer sollte daher unbedingt in einen
Dialog eintreten, statt über berechtigte Änderungswünsche
drüberzufahren und konstruktiven Kritikern eine Blockadehaltung zu
unterstellen", fordert die Obfrau der Bundeskurie der angestellten
Ärztinnen und Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Dr.
Gabriele Kogelbauer, am Mittwoch in einer Presseaussendung.
"Ein Aussitzen der Probleme" sei angesichts der Dimension des
geplanten Reformvorhabens und der Breite der Ablehnungsfront keine
Lösung. "Im Gegenteil: Ohne die Mitwirkung der Mehrheit der
Universitätsangehörigen wird die Reform langfristig scheitern", warnt
Kogelbauer. "Ich frage mich schon, mit wem man die Autonomie der
Universitäten umsetzen will, wenn sich kaum jemand mit dem jetzt
vorliegenden Vorschlag des Ministeriums identifiziert." Die
Spitalsärztevertreterin äußert Verständnis für die geplanten Aktionen
und Protestmaßnahmen gegen die Universitätsreform, die heute an den
verschiedenen Standorten stattfinden. "Angesichts der konsequenten
Sturheit des Ministeriums haben die Betroffenen offenbar keine andere
Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen. Das ist schade, denn ich hätte
mir mehr Gesprächskultur vom Ministerium erwartet. Wenn man schon die
Universitätsangehörigen zur offenen Planung einlädt, sollte man deren
Vorschläge auch aufgreifen. Bisher ist dies nicht einmal ansatzweise
geschehen."
Aus Sicht der Spitalsärztevertreterin ist es unabdingbar, den
geplanten Universitätsrat künftig ausschließlich durch von der
Universität nominierte Personen zu besetzen und nicht zwei oder sogar
drei der fünf Mitglieder durch das Ministerium zu bestellen. "Sonst
ist das Ganze eine Mogelpackung", kritisiert Kogelbauer. "Bleibt man
bei diesem Besetzungsvorschlag, wäre die Universität durch das
Ministerium fremdbestimmt und könnte nicht so autonom agieren, wie
eigentlich gewünscht." Die nach dem Reformgesetz festzulegende
Leistungsvereinbarung, die die Universitäten mit dem Ministerium
träfen und an die die Beteiligten drei Jahre gebunden seien, reiche
aus, um den Einfluss des Bundes sicher zu stellen.
Enormer Verbesserungsbedarf ergebe sich außerdem bei den
Mitbestimmungsmöglichkeiten des Mittelbaus, die im neuen Gesetzentwurf
empfindlich beschnitten worden seien. "Die wichtigste Säule der
Universitäten, der Mittelbau, soll weniger als ein Viertel der Sitze
im Senat bekommen. Das entspricht bei weitem nicht den tatsächlichen
Mehrheitsverhältnissen", kritisiert Kogelbauer. Besonders für die
Universitätskliniken stelle die angestrebte Regelung ein unzumutbares
Problem da, da hier der Mittelbau bereits im neuen Dienstrecht
deutlich benachteiligt worden sei. "Nach dem neuen Dienstrecht sind
beispielsweise nur noch befristete Verträge vorgesehen. Eine
vorausschauende Lebens- und Karriereplanung ist für die Dienstnehmer
nicht mehr möglich", erläutert Kogelbauer. "Außerdem wurde eine schon
vor einigen Jahren zugesagte Klinikzulage im Januar nur zum Teil
gewährt. Nun soll auch noch die Mitsprache in der Universität zurück
gedrängt werden. Ich glaube, hier ist das Maß des Erträglichen
allmählich erreicht."
Im Zusammenhang mit der Reformgesetzgebung fordert Kogelbauer, den
Standorten Innsbruck, Graz und Wien die Entscheidung über die
Ausgliederung der medizinischen Fakultäten aus dem Universitätsverband
und die Etablierung einer eigenen Medizin- Universität selbst zu
überlassen. "Das ist die logische Konsequenz echter Autonomie",
erklärt Kogelbauer. "Alles andere wäre eine halbherzige Lösung."
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