Die genetische Manipulation von Stammzellen kann bei Mäusen Leukämie auslösen, berichtet die heutige Ausgabe des Magazins "Science" und zeigt damit eine Grenze der Gentherapie auf. Wird in das Erbgut ein künstlich erzeugtes Gen eingebaut, so kann das Genmuster der Stammzellen erheblich gestört werden.
Die Forscher entdeckten, daß die genetische Veränderung von
blutbildenden Stammzellen, wie sie etwa bei der Therapie schwerer
angeborener Immundefekte bei Kindern eingesetzt wurde, unter
bestimmten Voraussetzungen bei Mäusen Leukämie auslösen kann.
Verantwortlich für die unerwünschte Entartung der Blutzellen ist eine
Nebenwirkung des zur Zeit bei der Gentherapie am häufigsten
eingesetzten Gen-"Taxis". Es handelt sich dabei um ein bestimmtes
Virus, das - nachdem es künstlich "entschärft" wurde - die Gene in die
Zellen transportiert.
An die genetische Manipulation menschlicher Organ-Stammzellen werden
große therapeutische Erwartungen geknüpft. In Tiermodellen und auch
bei einigen Kindern mit seltenen angeborenen Immundefekten gelang es
Medizinern bereits, durch solche Eingriffe bislang nicht beherrschbare
Erkrankungen deutlich zu lindern oder sogar zu heilen. Doch wie bei
anderen Therapieformen ist zu befürchten, dass mit immer effizienteren
Methoden auch Nebenwirkungen auftreten.
Die Forscher legen jedoch große Wert darauf festzuhalten, daß die
Leukämie eine sehr spezifische Nebenwirkung des verwendeten
Markierungsgenes handelt, die nicht alle Ansätze der Gentherapie
betrifft. "Die Aufdeckung solcher Nebenwirkungen vor der klinischen
Prüfung wird entscheidend zum Fortschritt der modernen Zell- und
Gentherapie beitragen.Nur mit offenen Augen für die Grenzen neuer
Technologien können wir die Methoden verbessern und deren Eignung für
die Patienten einschätzen,"erklärt Prof. Baum von der Medizinischen
Hochschule Hannover.
Wichtig sei es, "das Risiko bezüglich der Häufigkeit und Schwere
solcher Nebenwirkungen möglichst genau zu kennen, um es gegen den
erwarteten Nutzen für den Patienten abwägen zu können", so Dr. Fehse
von der Einrichtung für Knochenmarktransplantation des UKE.
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