Wer rasch große Höhen erklimmt, riskiert Gesundheitsstörungen, zu denen auch die Entwicklung eines Lungenödems gehören kann. Dabei sammelt sich in der Lunge Wasser und der in der Höhenluft ohnehin knappe Sauerstoff gelangt nicht mehr ausreichend ins Blut...Etwa sechs Prozent der Bevölkerung erkranken an akuter Höhenkrankheit, wenn sie sehr schnell über 3.000 Meter aufsteigen. Wer betroffen ist, läßt sich nicht vorhersagen.
Nur umgehender Abstieg, Sauerstoffzufuhr und Senkung des Blutdruckes können die Katastrophe verhindern - etwa die Hälfte der Betroffenen sterben, wenn keine Behandlung erfolgt.
Prof. Baertsch vom Heidelberger Universitätsklinikum, konnte nun gemeinsam mit Forschern aus Zürich und Seattle klären, welcher Mechanismus dem Lungenödem zugrunde liegt. Die Arbeit wird im "Journals of the American Medical Association" (JAMA) vom 1. Mai 2002 veröffentlicht.
Wasser sammelt sich in der Lunge, weil der Körper auf den akuten Sauerstoffmangel oberhalb von 3.500 Metern reagiert: Die Blutgefässe sind stark verengt, der Blutdruck in der Lunge steigt an, während der äußere Luftdruck abnimmt. Die feinen Blutgefäße, von denen die Lungenbläschen umgeben sind, werden durch den starken Druck von innen lundicht, Flüssigkeit wird in das Innere der Bläschen gepresst.
Prof. Baertsch hat damit auch die lang gehegte Vermutung ausgeräumt, daß eine der Ursachen für das Lungenödem in großer Höhe entzündliche Reaktionen in der Lunge sind. Die Untersuchungen wurden im Monta-Rosa-Massiv vorgenommen, dessen Gipfelhütte Margherita ein höhenmedizinisches Labor beherbergt.
Zehn Bergsteiger, die zum Höhenödem neigen, und sechs nicht vorbelastete Personen wurden jeweils bei 450 Metern und auf dem Gipfel bei 4.600 Metern auf Herz- und Lungenfunktion untersucht. In niedriger Höhe konnten keine Veränderungen festgestellt werden. Bei Studienteilnehmern, die nach 24 Stunden auf dem Gipfel ein Ödem entwickelten, fanden sich rote Blutkörperchen und große Eiweißmoleküle in der Ödemflüssigkeit, dagegen keine weißen Blutzellen oder andere Anzeichen einer Entzündung.
"Nun verstehen wir auch, warum Cortison, das Entzündungsreaktionen hemmt, bei der Behandlung des Höhenlungenödems keine Wirkung hat", erklärt Baertsch. "Selbst im Hochdrucklabor, wo wir die äußeren Bedingungen großer Höhen exakt simulieren können, kann eine Anfälligkeit nicht sicher festgestellt werden".
Vor Höhenkrankheit ist niemand geschützt, auch Ausdauertrainierte und langjährige Bergsteiger können betroffen sein. "Schützen kann eine langsame Anpassung an die Höhe, also etwa 500 Meter Aufstieg pro Tag", empfiehlt Baertsch. Treten Alarmzeichen wie Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit und Konzentrationsstörungen auf, sollte der Abstieg angetreten werden.
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