In den letzten 100 Jahren konnte eine deutliche Erhöhung der Rekordlebenserwartung verzeichnet werden. Nach einer deutsch/britischen Studie um etwa drei Monate pro Jahr. Die im Mai '02 in "Science" erscheinende Studie wird zu einem Umdenken in der Sozialpolitik führen.
Das gemeinsame Projekt des Rostocker Max-Planck-Instituts für demografische Forschung und der Universität Cambridge beschäftigt sich u.a. mit der Tatsache, daß sich bis dato alle Theorien über eine Obergrenze der Lebenserwartung als falsch erwiesen haben.
In ihrer Science-Studie haben die Demografen Jim Oeppen, Cambridge
Group for the Hitstory of Population and Social Structure, Cambridge
University, England, und Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut
für demografische Forschung, sowie James W. Vaupel, Direktor am Max
Planck Institut für demografische Forschung, Rostock, die Entwicklung
der Rekordlebenserwartung seit 1840 rekonstruiert und ihre
Beobachtungen mit historischen und zeitgenössischen Expertenmeinungen
und Prognosen verglichen.
Dabei wurde gezeigt, daß etwa die jeweils verbreiteten Lehrmeinungen über eine existente Obergrenze der Lebenserwartung regelmäßig wenige Jahre später durch eine neue Rekordlebenszeit falsifiziert wurden. Ebensowenig traf die Erwartung zu, daß sich der Zuwachs in der Rekordlebenserwartung bei baldigem Erreichen ihrer "Obergrenze" verlangsamen würde. Vielmehr zeigt die Entwicklung der letzten 160 Jahre einen Zuwachs der Rekordlebenserwartung
um ungefähr drei Monate pro Jahr.
Die Verlangsamung des Wachstums der Lebenserwartung in manchen Ländern deutet darauf, dass im internationalen Vergleich Nachzügler den Abstand
zu den führenden Ländern aufholen und diese selbst zurückbleiben.
Historisch gesehen läßt sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der
Anstieg der Lebenserwartung hauptsächlich auf den Rückgang in der
Kindersterblichkeit zurückführen. Nach 1950 hingegen waren Fortschritte in der Verbesserung der Überlebenschancen der über 65-Jährigen wesentliche Kriterien des Zuwachs in der Lebenserwartung.
Der Anstieg der Lebenserwartung ist das Resultat eines komplizierten Zusammenspiels verschiedener Faktoren, wie z.B. Bildung, Einkommen, Ernährung, medizinische Versorgung, Hygiene und Gesundheitsverhalten.
Dieses Zusammenspiel variiert mit dem Alter, der Zeitperiode, dem Geburtsjahrgang, der geografischen Lage und bei verschiedenen Krankheiten.
Erstaunlich ist das Ausmaß der Konstanz der Rekordlebenserwartung, deren nahezu absolut lineare Regelmäßigkeit im Anstieg in 60 Jahren eine Rekordlebenserwartung von 100 Jahren erwarten läßt. Die Ergebnisse der Studie haben gravierende Folgen für die Politik und die persönliche Lebensplanung. Denn viele der bisherigen offiziellen Prognosen beruhen auf der Annahme, die Obergrenze der Lebenserwartung sei bald erreicht.
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