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Psychiater kritisieren belgisches Sterbehilfe-Gesetz

29.05.2002

"Das belgische Sterbehilfe-Gesetz eröffnet die Bühne für das erschreckende Szenario, daß dem Todeswunsch schwer kranker Menschen nachgegeben wird, ohne nach den Gründen zu forschen", sagt der Psychiater Prof. Hegerl von der Ludwig-Maximilians-Universität. Psychiater des Forschungsprojektes Kompetenznetz "Depression, Suizidalität" kritisieren das belgische Sterbehilfe- Gesetz, das die Tötung von psychisch und körperlich kranken Menschen legalisiert.

Vielfach sei nicht die schwere körperliche Erkrankung der Grund für den Todeswunsch, sondern eine unbehandelte Depression. "Nicht nur Laien, sondern auch Ärzte missverstehen den Todeswunsch als nachvollziehbare Reaktion auf die schwere körperliche Begleiterkrankung und übersehen dabei die Depression, die behandelt werden könnte", erklärt der Psychiater. Vor diesem Hintergrund von einem "Freitod" zu sprechen, sei zynisch.

Viele Patienten mit einer depressiven Erkrankung kennen den Wunsch, nicht mehr leben zu wollen. 15 Prozent aller Menschen, die unter einer schweren Depression leiden, sterben durch Suizid. "Der Todeswunsch ist Symptom der Erkrankung und sollte als Hilferuf und Appell für eine bessere Behandlung der Patienten verstanden werden", sagt Prof. Hegerl, Sprecher des deutschen Forschungsprojektes Kompetenznetz "Depression, Suizidaltät". Weltweit sterben mehr als eine Million Menschen pro Jahr durch Selbsttötung. Studien zeigen, daß 90 Prozent der Suizide vor dem Hintergrund einer psychiatrischen Erkrankung geschehen, die aber oft übersehen bzw. nicht ausreichend therapiert wurde.

Eine Depression kann in den meisten Fällen mit Medikamenten oder Psychotherapie erfolgreich behandelt werden, aber derzeit erhalten nur 10 Prozent aller Patienten eine Therapie, die dem Stand der Forschung entspricht. "Das belgische Sterbehilfe-Gesetz birgt die Gefahr, daß dem Todeswunsch depressiv erkrankter Menschen nachgegeben wird, obwohl erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen", so Hegerl weiter. Das Gesetz schreibe keine ausreichende psychiatrische Untersuchung der Betroffenen durch einen Facharzt vor, um z.B. eine Depression auszuschließen.

Kompetenznetz "Depression, Suizidalität" www.kompetenznetz-depression.de

© medizin.at

 

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