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Tiermodell für Multiple Systematrophie

12.06.2002

Ablagerungen im Gehirn, die Nervenzellen zerstören und schwere Störungen verursachen, sind typisch für Alzheimer und die Parkinson´sche Erkrankung, aber auch weniger bekannte neurodegenerative Leiden wie die Multiple Systematrophie (MSA), bei der Symptome wie Störungen der Motorik, des Gleichgewichtes und der Sprechfähigkeit auftreten.

In bestimmten Gehirnzellen von Betroffenen wurden Ablagerungen nachgewiesen, die hauptsächlich aus dem Protein a-Synuclein bestehen.

Forscher der Universität München haben jetzt Mäuse gezüchtet, die in den betreffenden Gehirnzellen menschliches a-Synuclein produzieren sowie die für MSA charakteristischen Ablagerungen entwickeln und erhoffen sich von diesem Tiermodell weitere Einblicke in die Entstehung der tödlichen Krankheit sowie Grundlagen für die Entwicklung eines Medikamentes.

Aufgrund der so vielfältigen Symptome wurde die Erkrankung erst vor relativ kurzer Zeit als eigenes Krankheitsbild erfasst. Bis dahin wurden verschiedene Krankheiten diagnostiziert, etwa das Shy-Drager-Syndrom welches die als "Parkinsonismus" bezeichneten Symptome wie Körpersteifheit und verlangsamte Bewegungen umfaßt.

Bei MSA kommt es aber auch zu Ausfällen von Körperfunktionen, die nicht bewusst kontrolliert werden können etwa des Blutdruckes, dessen schlagartiges abfallen zu Schwindel und Bewußtlosigkeit führen kann. Doch auch der Gleichgewichtssinn und die Fähigkeit zu Sprechen oder Schlucken können durch MSA beeinträchtigt werden.

MSA, an der mehr als 100.000 Menschen in Europa leiden setzt meist in der zweiten Lebenshälfte ein und führt zu einer massiven Beeinträchtigung der Betroffenen. Die Krankheit verläuft rapide, Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen. "Die genaue Ursache von MSA ist bislang unbekannt. Eine Heilung ist derzeit nicht möglich", berichtet Philipp Kahle, der maßgeblich an dem Projekt beteiligt ist.

Bei MSA-Patienten konnten typische Veränderungen nachgewiesen werden: Bestimmte Zellen, die sich als schützende Isolierschicht um die Nervenzellen im Gehirn legen, enthalten in ihrem Inneren faserförmige Einschlüsse, die hauptsächlich aus a-Synuclein bestehen, das auch in den Ablagerungen im Gehirn von Parkinson-Patienten nachgewiesen wurde . Weiters konnte gezeigt werden, daß bei MSA-Patienten dieses Protein - ebenso wie bei anderen Erkrankungen - an einer bestimmten Stelle chemisch verändert ist. Woher das Protein stammt, das sich in den Zellen ablagert und letztlich deren Tod bewirkt, ist nicht bekannt.

"In gesunden Zellen der Nerven-Schutzschicht wird a-Synuclein im ausgereiften Zustand gar nicht produziert", erklärt Philipp Kahle. Normalerweise kommt das Protein nur an bestimmten Stellen in den Membranen von Nervenzellen vor,nämlich dort wo zwei dieser Zellen aneinander grenzen.

Die Forscher um Prof. Haass, von der Münchner Universität, züchteten im Rahmen einer langjährigen Industriekooperation mit Roche jetzt transgene Mäuse, die das menschliche a-Synuclein in den Zellen der Nerven- Schutzschicht produzieren. "Das Protein in den Gehirnen der Tiere wird im Inneren dieser Zellen mit den typischen chemischen Veränderungen und in charakteristischer Dreiecks- oder Halbmondform abgelagert, wie man es auch bei MSA-Patienten sieht", beschreibt Manuela Neumann, Mitarbeiterin am Institut für Neuropathologie.

Die Multiple Systematrophie ist kein häufiges Leiden, beeinträchtigt die Patienten aber massiv, verläuft rapide - und ist verwandt zu weit verbreiteten neurodegenerativen Krankheiten wie etwa Parkinson. Die Forscher hoffen, daß das Tiermodell helfen kann, die Krankheit besser zu verstehen. "Die Ablagerung des a-Synuclein in den Zellen ist vermutlich nur die erste Stufe der Erkrankung", meint Philipp Kahle.

"Es wird deshalb sehr interessant sein, die Mäuse noch länger zu beobachten - vor allem im Alter. Denn wenn die Krankheit ähnlich wie bei Menschen verläuft, werden sich erst dann die charakteristischen Symptome zeigen."

EMBO reports, Bd. 6, Nr. 3, S.583-588, 2002

© medizin.at

 

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