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"Sanfter" Einblick in die Arbeit unseres Großhirns

13.08.2002

Hört man einem Gesprächspartner interessiert zu, so werden andere Geräusche zwahr wahrgenommen jedoch nicht wirklich verstanden. Wie ermöglicht es unser Gehirn, daß unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Stimmen und Töne gerichtet wird, während andere gleichzeitig unterdrückt werden? Zu dieser Frage liefert eine neue Untersuchungsmethode, die Magnetoenzephalographie (MEG), eindrucksvolle Ergebnisse.

Die MEG misst Magnetfelder, die durch synchronisierte Aktivität der Nervenzellen in der Großhirnrinde (Kortex) erzeugt werden. Richtet man etwa seine Aufmerksamkeit auf bestimmte Töne, so werden neben den normalerweise für das Hören zuständigen Hirnregionen ("Hörkortizes") zusätzlich Areale aktiviert, denen die Aufmerksamkeit zuzuschreiben ist.

Die Arbeitsgruppe der "Sektion Biomagnetismus" an der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg konnte nun zeigen, daß auch die Verarbeitung der Tonhöhe und der Lautstärke in verschiedenen Arealen des Hörkortex angesiedelt ist.

Bei der MEG- Messung wird das Gehirn keiner Strahlung ausgesetzt, sie basiert auf der elektrischen Kommunikation der Hirnzellen: Senden Nervenzellen Signale aus, so geht dies stets mit einem geringen Stromfluss und damit einem Magnetfeld einher. Die Messung von elektrischer Aktivität erfolgt seit langem, indem Ströme von Herz (EKG) und Gehirn (EEG) abgeleitet werden.

"Erst in den letzten Jahren ist es mit Hilfe sehr empfindlicher Geräte gelungen, auch die äußerst schwachen Magnetfelder zu messen", erklärt Dr. Rupp, Leiter der Heidelberger Arbeitsgruppe. Nun können Gehirnaktivitäten, die sich beim Hören, Sehen und Fühlen in der Großhirnrinde innerhalb von Millisekunden abspielen, dargestellt und bestimmten Gehirnarealen zugeordnet werden.

Klinische Funktionsdiagnostik bei Schlaganfall und Epilepsie
Aufgenommen werden die Magnetfelder in einem gegen äußere elektromagnetische Einflüsse isolierten Raum Die Versuchspersonen sitzen während der Untersuchung in einem in einem bequemem Stuhl. Das MEG-Gerät wird auch bei Erkrankungen wie Epilepsie oder nach einem Schlaganfall eingesetzt, um Gehirnfunktionen der Patienten zu testen, oft im Zusammenspiel mit anderen Messmethoden, etwa dem EEG oder der Kernspintomographie.

Profi-Musiker haben spezielle Hirnstrukturen / Präzisere Beschreibung der Legasthenie?
Forschungsschwerpunkt in Heidelberg ist die Verarbeitung akustischer Signale. "Mit dem MEG lässt sich gut darstellen, wie das Großhirn verschiedene Eigenschaften von Tönen erkennt", so Dr. Rupp. Ihre Verarbeitung ist im Scheitellappen angesiedelt. Das besondere Interesse der Biomagnetismus-Spezialisten gilt Personengruppen, die sich durch Begabungen oder Defizite auszeichnen und deren Gehirn deshalb möglicherweise Besonderheiten aufweist.

Der Physiker Dr. Peter Schneider und seine Heidelberger Kollegen stellten fest, daß professionelle Musiker mehr als doppelt so viele graue Hirnmasse im primären Hörkortex haben als unmusikalische Menschen und ihr Gehirn reagiert den MEG-Messungen zufolge stärker auf Töne.

"Vermutlich wird musikalische Begabung zum großen Teil vererbt", meint Dr. Schneider und verweist auf die deutlich vergrößerte Hirnstruktur der Profi-Musiker, Doch es ist unklar welchen Anteil die musikalische Erziehung in der Kindheit daran hat. Diese Ergebnisse wurden in "Nature Neuroscience" (Band 5, S. 688-694) veröffentlicht.

Liegen der Lese- und Rechtschreibschwäche ebenfalls Veränderungen in der Hirnstruktur zugrunde?
Nicht abgeschlossen sind Untersuchungen mit dem MEG bei legasthenen Kindern. Die Heidelberger Forscher gehen davon aus, daß die Verarbeitung auditorischer Reize im Hörkortex bei der weiteren Sprachverarbeitung eine wichtige Rolle bei der Legasthenie spielt.

Die große zeitliche Genauigkeit des MEG ermöglicht es, die Verarbeitung von Frequenzänderungen, die der Sprache, z.B. beim Übergang eines Konsonanten zum Vokal, zugrunde liegen, zu beschreiben. Dadurch soll eine Methode gefunden werden, mit deren Hilfe die Legasthenie präziser beschrieben und diagnostiziert werden kann.

© medizin.at

 

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