Schultergelenksschmerzen können innerhalb weniger Tage durch Immobilisation und Kapselschrumpfung zu einer Schulterkontraktur und damit zu bleibender Alltagsbehinderung führen. Die Behandlung sollte daher rasch und zielstrebig erfolgen.
Schmerzlokalisation
Anamnestisch läßt sich häufig ein Auslöser identifizieren, zum Beispiel ungewohnte Arbeit über Kopf. Die Patienten geben meist genau an, bei welcher Bewegung der Schmerz auftritt. Darauf sollte eine sorgfältige passive und aktive Untersuchung des Schultergelenkes anschließen. Wenn sich der Schmerz gut lokalisieren läßt, kann eine Infiltration mit Lokalanästhetikum therapeutisch und diagnostisch zugleich sein. Steroide sollten erst nach vollständiger Abklärung in maximal drei Einzeldosen gegeben werden.
Schmerzbekämpfung und Erhalt der Beweglichkeit müssen sofort nach der klinischen Untersuchung einsetzen und dürfen nicht bis zum Abschluß der diagnostischen Maßnahmen warten. Intensive nicht-medikamentöse und medikamentöse Schmerzbekämpfung mit NSAR, eventuell in Kombination mit schwach wirksamen Opioiden, ist notwendig, um dem Patienten möglichst schmerzarme Schulterbewegungen zu ermöglichen. Physikalische Maßnahmen wie mehrmals täglich Kälteapplikation für 20-30 Minuten, schmerzdämpfende Elektrotherapie, Ultraschallbehandlungen und Massage sowie frühzeitige, mobilisierende Heilgymnastik unterstützen Schmerzbekämpfung und somit Erhalt der Beweglichkeit.
Kurzfristig hohe Schmerzmitteldosen
Die Patienten sollten verstehen, warum kurzfristig hohe Dosen Schmerzmittel und intensive Schmerzbehandlung erforderlich sind. Jede schmerzbedingte Ruhigstellung der Schulter führt sehr rasch zu Kapselschrumpfung mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und Behinderung, welche nur nach wochenlangem Training wieder rückgängig gemacht werden kann. Die konsequente, an das Stadium der Erkrankung angepaßte Übungsbehandlung ist entscheidend für den Erfolg und das funktionelle Ergebnis. Anhaltende Schmerzen nach der Übungsbehandlung bedeuten, daß die Schmerztherapie nicht ausreichend ist und gesteigert werden muß.
Impingement bezeichnet eine schmerzhafte Schulterfunktionsstörung, die durch ein Mißverhältnis zwischen subacromialem Raum und den Strukturen der Rotatorenmanschette bedingt ist.
Neben der klinischen Untersuchung führt die dynamische Sonographie der Rotatorenmanschette, bei welcher Muskulatur, Sehnen und Bursae beurteilt werden, rasch zur exakten Diagnose. Auch Kalkdepots sind in der Sonographie gut zuzuordnen. Bei Anamnese mit Frakturverdacht und zur Beurteilung der glenohumeralen und acromioclaviculären Gelenkflächen sowie der Form des Acromions eignen sich Röntgenaufnahmen. Bei Instabilität mit Verdacht auf Labrumläsion und Bereitschaft des Patienten, sich operieren zu lassen, sollte ein MRI der Schulter durchgeführt werden.
Heilgymnastik
Unter Fortführung der medikamentösen und nicht-medikamentösen Schmerztherapie normalisiert die heilgymnastische Behandlung von Beweglichkeit, Kraft, Ausdauer und Koordination, angepaßt an den Schmerz und die individuellen Erfordernisse des Patienten, die Schulterfunktion. Auch das thorakale Gleiten des Schulterblattes und die normale Funktion der BWS haben entscheidende Auswirkungen auf das Glenohumeralgelenk. Eine Operation kann in vielen Fällen durch intensive konservative Therapie vermieden werden.
Dr. GERHARD VAVROVSKY
Der Berufsverband der Österreichischen Fachärzte für Physikalische Medizin und Rehabilitation hat ein Konsensuspapier zu Physikalisch-Medizinischen Behandlungskonzepten beim Impingementsyndrom der Schulter herausgegeben, welches unter Tel.: 01 / 405 57 34 bei Update Europe angefordert werden kann.
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