Therapie der chronischen Virushepatitis B und C
"Für die chronische Virushepatitis gibt es seit einem Jahrzehnt effektive Therapieformen", stellt Prof. Dr. Petra Munda-Steindl, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsklinik für Innere Medizin IV, AKH Wien, fest.
Munda-Steindl: "Die empfohlene Ersttherapie bei chronischer Hepatitis B ist Interferon-alpha. Das etablierte Therapieschema besteht in einer Behandlungsdauer von vier bis sechs Monaten jeden zweiten Tag oder dreimal wöchentlich. Bei einem Hinweis auf Ansprechen dieser Therapie, zum Beispiel bei einem deutlichen Abfall der Viruskonzentration, kann die Dauer verlängert werden. Vor Therapiebeginn sollten neben einer Lebersonographie etliche Laborparameter erhoben werden. Während der Therapie werden die Patienten engmaschig klinisch und labormäßig - Thrombozyten- und Leukozytenzahl, GPT - kontrolliert. Bei Therapieende und sechs Monate danach werden HBe-Antigen, Anti-HBe sowie HBV-DNS bestimmt."
Serokonversion als Erfolgsparameter
Therapieziel ist die Elimination des Virus im Blut und das Sistieren der chronischen Leber-entzündung. Der Erfolg zeigt sich entweder durch Serokonversion HBe-Antigen/antiHBe, Negativierung der HBV-DNS im Serum oder durch die Leberhistologie. Eine Leberbiopsie-Kontrolle sechs Monate nach Therapie ist nur bei Patienten mit einer Serokonversion und Negativierung sinnvoll.
Dauerhafte Viruselimination sehr selten
Die Nukleosidanaloga wie Lamivudine oder Famcyclovir senken signifikant die Konzentration der HBV-DNS. Eine dauerhafte Viruselimination ist jedoch sehr selten. Empfohlen wird diese Therapie laut Munda-Steindl bei Patienten mit Hepatitis B vor und nach einer Lebertransplantation, nach Nieren- oder Herztransplantation, bei niedrigen Transaminasen, extrem hohem Virustiter und klarer Indikation zur Therapie sowie bei Nichtansprechen auf eine Interferon-Behandlung. Patienten mit Trans-aminasen, die höher als das Vierfache des Normalwertes sind, sollten ausschließlich mit Interferon-alpha behandelt werden.
Prof. Dr. Wolfgang Vogel, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsklinik für Innere Medizin, Innsbruck, bemerkt ergänzend zur Stellungnahme von Munda-Steindl: "Die Prognose der chronischen Hepatitis B ist abhängig von Alter und Klinik, sehr variabel. HBV-DNS und HBe-Antigen haben keinen Einfluß auf die Prognose. Patienten mit einer Zirrhose haben eine geringe Lebenserwartung. Interferon reduziert zwar die Dekompensation der Zirrhose und die Fibrose, jedoch ohne wirklichen Effekt auf das Überleben."
Bei der chronischen Hepatitis C gibt es laut Munda-Steindl bisher fünf randomisierte, klinische Studien, die zeigen, daß die Ansprechraten auf eine Kombinationstherapie mit Interferon-alpha und Ribavirin bei De-novo-Patienten signifikant höher sind. Gegen eine initiale Monotherapie mit Interferon-alpha bestehe jedoch kein Einwand.
Mono-, Kombinations- oder Tripletherapien
Interferon-alpha wird in der Mono- wie in der Kombinationstherapie der chronischen Hepatitis C jeden zweiten Tag oder dreimal wöchentlich gegeben und bei gutem Ansprechen - nach drei Monaten normale Transaminasen und HCV-RNS im Serum negativ - ein Jahr lang verabreicht. Im Rahmen der Kombinationstherapie erhalten die Patienten zusätzlich von Anfang an Ribavirin pro Tag. Die Therapiedauer beträgt sechs bis zwölf oder sogar 18 Monate. Eine Kontrolle der Leberhistologie ist nur bei Respondern (normale GPT, HCV-RNS negativ) sinnvoll und sollte frühestens sechs Monate nach Therapieende durchgeführt werden. Seit kurzem wird auch eine Tripletherapie mit Interferon, Ribavirin und Amantadin geprüft.
Alkohol als wichtigster Prognosefaktor
"Die wichtigsten Prognosefaktoren bei der chronischen Hepatitis C sind Alkoholkonsum, Dauer der Erkrankung, intravenöser Drogenkonsum, Koinfektion mit HBV, HCV-Genotyp, Zirrhose von Beginn und höheres Alter bei Infektion. Der behandlungswürdige Anteil ist die Zirrhose. Interferon verlängert dabei das Überleben. Patienten ohne Zirrhose haben hingegen eine normale Lebenserwartung. Eine aktive Lebererkrankung zeigt meist eine rasche Progredienz zur Zirrhose", so Vogel.
Laut Dionysos-Studie beträgt das Risiko für Leberzellkarzinom drei Prozent, aber nur bei einer täglichen Konsumation von mehr als 90 g Alkohol. Kinder zeigen meist milde Verläufe mit milder Histologie, weshalb in der Regel keine Therapie notwendig ist. Patienten können aber auch über 10 bis 15 Jahre normale Trans-aminasen aufweisen und trotzdem findet man bei der Hälfte histologische Veränderungen, die eine Therapie rechtfertigen würden."
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