Apparativer Tastbefund mit Magnetresonanz-Elastographie
Zu den ältesten Methoden der ärztlichen Diagnostik zählt die Palpation, das Ertasten von Gewebsverhärtungen oder -erweichungen. Eine Veränderung der Elastizität des Gewebes deutet auf krankhafte Prozesse hin. Manuelle Tastbefunde sind auch heute noch ein wichtiger Teil der ärztlichen Praxis. Am Universitätsklinikum Benjamin Franklin wurden nun neue Verfahren entwickelt, die Diagnostik von Krankheitsprozessen in Geweben technisch zu unterstützen.
Der Arzt kann nur feststellen, daß etwas "nicht in Ordnung ist", meist aber nicht genau, was es ist (z.B. ein gutartiger oder ein bösartiger Tumor). Tiefliegende oder durch knöcherne Strukturen abgeschirmte Gewebe (z.B. krankhafte Veränderungen im Gehirn) können nicht erfasst werden.
Der klassische, manuelle Tastbefund wird daher seit längerem durch technische Verfahren ergänzt, zu denen Ultraschall (Sonographie) und MRT gehören. Die Sonographie liefert zweidimensionale Bilder mit relativ schwacher Ausleuchtung, schwachem Bildkontrast und beschränkter räumlicher Auflösung.
Immerhin konnten kürzlich erste Ergebnisse beim Aufspüren von Brustkrebs mit der "Ultraschall-Elastographie" erzielt werden. Die Kernspintomographie bietet die Möglichkeit, auch tiefere Schichten in beliebiger Raumrichtung abzubilden. Die biomechanischen Eigenschaften von Geweben können damit aber bislang nicht sichtbar gemacht werden.
Ein Projekt am Universitätsklinikum Benjamin Franklin der FU Berlin versucht nun
die MRT mit den Vorteilen der Palpation verknüpfen, also ein "Apparatives Abtasten" zu entwickeln. Die Anwendungsmöglichkeiten einer solchen "Darstellung der Elastizität" liegen laut Projektleiter Dr. Braun vor allem in der
Diagnose und Charakterisierung von Hirn- und Brusttumoren sowie von
entzündlichen und nekrotischen Prozessen. Weitere Anwendungsmöglichkeiten eröffnen sich für Untersuchungen von Muskeln und Prostata. Längerfristig könnten so die üblichen Gewebe-Entnahmen (Biopsien) entfallen.
Bei der "Dynamischen Magnetresonanz-Elastographie" (MRE) versetzt Braun Gewebe in Schwingungen. Dazu werden außen am Körper geeignete mechanische oder piezoelektrische Anregungseinheiten angesetzt. Diese "Stempel" übertragen mechanische Schwingungen mit einer Frequenz zwischen 100-300 Hertz auf das Gewebe.
Die Anregung des Gewebes dauert einige Sekunden bei einer Gesamtaufnahmedauer eines MRT-Bildes von 20 Sekunden. Das so aufgenommene Bild gibt die Elastizitätsunterschiede und damit mögliche krankhafte Veränderungen im untersuchten Gewebe wieder.
In "Phantomstudien" konnte gezeigt werden, daß die Magnetresonanz-Elastographie funktioniert. Dazu wurden Gele benutzt, deren biomechanische Eigenschaften denen von Gewebe vergleichbar sind. In Kürze beginnen nun Untersuchungen am "lebenden Objekt".
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