Botulinum Toxin gegen Kopfschmerz: Noch nicht gesichert!
Die Behandlung von Kopschmerzen mit Botulinum-Toxid war eines der Themen, die auf dem Deutschen Schmerzkongress in Berlin diskutiert wurde. Noch fehlen zuverlässige Daten aus klinischen Studien, meinen die Experten.
Die Verwendung des Bakteriengiftes in der Schönheitschirurgie - es glättet bei Injektionen tiefe Mimikfalten - führte zu der Beobachtung, daß sich bei den Patientinnen auch Kopfschmerzen bessern konnten.
"Solche Beobachtungen genügen jedoch nicht, um Botulinum Toxin eine grundsätzliche Wirksamkeit gegen Kopfschmerzen zu bescheinigen", warnt Professor Andreas Straube, Neurologe und Kopfschmerzexperte am Universitätsklinikum Großhadern in München. So müsse man etwa bedenken, dass eine effektive Faltenbehandlung das allgemeine Wohlbefinden steigert und dass dieses wiederum die Auslöser von Kopfschmerzen beeinflusst. "Dannwäre die Wirkung von Botulinum Toxin auf Kopfschmerzen keine direkte, sondern eine indirekte", erklärt Straube seine Bedenken.
Bisher durchgeführte Studien zur Wirksamkeit des Toxins lassen einen Nutzen der Therapie zwar möglich erscheinen, bei Spannungskopfschmerzen sind die Ergebnisse jedoch noch widersprüchlich. "Zu anderen Kopfschmerzformen liegen entweder nur Mitteilungen über Einzelfälle oder nur wenige, kleine und unkontrollierte Studien vor", erklärt Straube.
Für die Einsetzbarkeit von Botulinum-Toxid bei muskuloskelettalen Schmerzen gilt im wesentlichen ähnliches: Die Wirkung muß erst durch aussagekräftige Studien belegt werden. Das heißt es muß eine größere Anzahl von Patienten an verschiedenen Zentren mit behandelt und mit einer Placebo-Gruppe verglichen werden. Dabei dürfen weder Arzt noch Patient wissen ob das Toxin oder ein Scheinmedikament verabreicht wird.
Die Ergebnisse solcher Studien müssen dabei nicht nur die bisherigen Ergebnisse bestätigen sondern auch offene Fragen zu Dosierung, Ort der Injektin und Wirkung bei unterschiedlichen Arten von Kopfschmerz klären. "Wissenschaftlich interessant ist auch die Frage nach dem Wirkungsort von Botulinum Toxin," erklärt Straube.
Ursprünglich wurde der Wirkungsmechanismus rein auf die Muskelsentspannung zurückgeführt. Neuere Studien lassen vermuten, daß das Toxin auch eine Wirkung auf bestimmte Neurotransmitter (Botenstoffe im Gehirn) hat. Möglicherweise wirkt es sogar direkt im zentralen Nervensystem.
"Sind die offenen Fragen geklärt, spricht für die Anwendung von Botulinum Toxin, dass es bei sachkundiger Anwendung sehr gut verträglich ist und kaum Nebenwirkungen hat", betont Straube. Von Vorteil ist auch, dass eine einmaligen Behandlung über Wochen wirkt - ein wesentlicher Grund für eine gute Akzeptanz bei den Patienten.
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