Hoffnungs-Substanz Celecoxib: Prävention von Alzheimer und Krebs?
Schon jetzt gelten die von der WHO als neue Klasse von Rheuma-Medikamenten zugelassenen Coxibe (selektive COX-2-Hemmer) für Experten als echter Durchbruch in der Therapie von vielen Millionen Rheumapatienten weltweit.
Sie waren bis vor kurzem auf konventionelle nichtsteroidale Antirheumatika
(NSAR) angewiesen, die neben ihrer guten Wirksamkeit auch zu schwerwiegenden Magen-Darm-Komplikationen und einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion führen können. Jetzt beginnt sich Celecoxib(1) als das Coxib mit dem breitesten Wirkungsspektrum herauszukristallisieren so eine der
Hauptaussagen bei der diesjährigen Jahrestagung des American College of
Rheumatology (ACR) Mitte November in San Francisco.
In Europa ist Celecoxib bisher für die Behandlung von schmerzhaften und
entzündlichen Symptomen der Osteoarthrose und als einziger selektiver
COX-2-Hemmer der chronischen Polyarthritis zugelassen. In direkten
Vergleichsstudien erwies sich sein Sicherheitsprofil jenem von herkömmlichen
NSAR wie Diclofenac und Naproxen überlegen.
So steigt etwa unter der konventionellen Therapie die Inzidenz für Ulkus und Blutungskomplikationen mit der Verordnungsdauer stetig an. Unter Celecoxib hingegen kommt es im direkten Vergleich mit Diclofenac und Naproxen zu einer 87,5%igen Reduktion des Risikos für gastrointestinale Komplikationen. Das bestätigen die neuesten Daten aus der SUCCESS-I-Studie (Successive Celecoxib Efficacy and Safety Study), die beim ACR präsentiert wurden.
"Die Komplikationsrate unter Celecoxib beträgt 0,1% versus 0,8% für
traditionelle NSAR bei gleicher Wirksamkeit. Das ist nicht nur ein
signifikantes, sondern auch ein klinisch bedeutsames Ergebnis für viele
Millionen Patienten weltweit", erläuterte der Rheumatologe Professor
Gurkipal Singh von der Stanford University School of Medicine. Es zeigte
sich weiters, dass die Hospitalisierungrate auf Grund gastrointestinaler
Beschwerden bei Patienten, die mit Celecoxib behandelt wurden, um 50% unter
jener mit Diclofenac- und Naproxen lag. Und es waren um 40% weniger
Arztbesuche erforderlich. "Diese neuen Daten bestätigen die Wirksamkeit und
das gastrointestinale Sicherheitsprofil von Celecoxib", so Singh.
Hoffnung in der Onkologie
Im Oktober dieses Jahres hat die US-Zulassungsbehörde FDA den Wirkstoff auch für die Therapie von akutem Schmerz und primärer Dysmenorrhoe zugelassen. Auf Grund statistisch signifikanter Studienergebnisse gilt in den USA auch die adenomatöse Polyposis familiaris als Indikation für Celecoxib: In einer
randomisierten, doppelblinden, Plazebo-kontrollierten Studie wurde Celecoxib
zur Reduktion adenomatöser kolorektaler Polypen verabreicht.
Es zeigte sich eine durchschnittliche Verminderung der Polypen um 28% unter Celecoxib (in einer Dosierung von 400 mg 2x täglich) gegenüber einer nur 5%igen Reduktion unter Plazebo innerhalb von sechs Monaten.
"COX-2 wird in vielen Tumorgeweben pathologisch überexprimiert. Dadurch
kommt es zur Überproduktion von tumorfördernden Wirkstoffen und aggressiven,
gentoxischen Nebenprodukten, die zu oxidativem Stress und genetischer
Instabilität beitragen. COX-2-Hemmer können die Entwicklung von Krebs aus
prämalignen Stufen aufhalten. Dieser chemopräventive Effekt erklärt sich aus
dem spezifischen Wirkprofil der Coxibe: der Hemmung von COX-2", so Professor
Dr. Friedrich Marks vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg(2). Das
Hoffnungspotential von Celecoxib für die Onkologie dürfte aber noch weit
größer sein, denn viel versprechende Studienergebnisse liegen auch zur
Prävention des Mammakarzimoms vor. Im Tierversuch konnte die
antineoplastische Wirkung von Celecoxib auch bereits für weitere Krebsarten
bestätigt werden.
Martin Schröder, Österreich-Geschäftsführer von Pharmacia, jenem
Unternehmen, in dem die weltweite COX-2-Forschung und Entwicklung vor rund
10 Jahren ihren Ausgang genommen hat(3): "Unsere Produkte zählen schon heute
zu den wichtigsten Präparaten in der Onkologie. Der innovative Wirkstoff
Celecoxib steht im Zentrum intensivster Forschung. Wir sehen ihn als
Meilenstein auch im Kampf gegen den Krebs."
Auch Alzheimer-Prävention möglich
Möglicherweise stellt Celecoxib in Zukunft auch eine wirksame neue
Therapieoption im Kampf gegen Alzheimer dar, denn die Überexpression von
COX-2 in Verbindung mit chronischen Entzündungsprozessen scheint auch bei
der Entwicklung der Alzheimer-Demenz eine kausale Rolle zu spielen: Zwar
befindet sich das Enzym auch in gesunden Hirn-Arealen, es wird aber in den
erkrankten Bereichen deutlich überproduziert vermutlich, weil beta-Amyloid
auf Mikrogliazellen stimulierend wirkt.
Die Pharmakologen Gerd Dannhardt und Werner Kiefer von der Johannes
Gutenberg Universität Mainz: "Möglicherweise wird die COX-2-Expression durch
das Cytokin Interleukin-1 induziert, dem eine Schlüsselrolle bei der
beta-Amyloidablagerung und der Aktivierung von Mikrogliazellen zugeschrieben
wird. Wir setzen daher für die Prävention und Therapie der
Alzheimer-Erkrankung große Hoffnung in einen möglichen neuen Wirkmechanismus
der selektiven COX-2-Hemmer."
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