Präzise Abwehrzellwanderung durch Botenstoffe d. Immunsystems gelenkt
Die Schlagkraft des Immunsystems hängt entscheidend von der Mobilität und Lernfähigkeit der Abwehrzellen ab. Treibende Kraft dabei sind Botenstoffe des Immunsystems, so genannte Chemokine. Eine in "Nature" publizierte Arbeit deutscher Forscher beleuchtet die Arbeit der "Quartiermeister" des Immunsystems.
Die Chemokine locken Immunzellen (T- und B-Lymphozyten) zu einem Infektions- oder Entzündungsort, weisen ihnen aber auch den Weg zu ihren Ausbildungsstätten in den Lymphorganen, den T- und B-Zell-Zonen, wo sie lernen, Erreger zu erkennen und zu vernichten.
Wie Forscher nun zeigen konnten, wirken die Botenstoffe nicht nur als "Wegweiser" und "Ausbilder" , sondern auch als "Quartiermeister". Sie legen fest, welche Immunzelle zu welchem Zeitpunkt in welche Ausbildungszone gelangt., berichtet die aktuelle Ausgabe von Nature*)
Chemokine sind von körpereigenen Zellen gebildete Signalstoffe. Ihre Bildung wird aktiviert von verschiedenen Faktoren, unter anderem von dem Genregulationsfaktor NF-kappaB. Solche Faktoren senden z.B. bei Virusinfektionen oder Entzündungsprozessen, Signale aus. Immunzellen können diese Signale mit speziellen Antennen, den Chemokin-Rezeptoren empfangen und sich damit den richtigen Weg zeigen lassen.
Dr. Lipp und seine Mitarbeiter von der Universität Erlangen konnten vor wenigen Jahren erstmals einen Chemokin-Rezeptor auf B-Lymphozyten nachweisen, der das zielgerichtete Wanderverhalten von Immunzellen in die B-Zell-Zonen und Keimzentren steuert.
Lymphozyten gehen aus dem Knochenmark hervor und werden in zwei große Gruppen unterteilt: die T-Lymphozyten - so benannt nach einem kleinen über dem Herzen liegenden Organ, in dem sie heranreifen, der Thymusdrüse - und die B-Lymphoyzten (B-Zellen), die sich im Knochenmark entwickeln.
Die herangereiften B- und T-Zellen sind jedoch noch nicht voll funktionstüchtig. Sie müssen erst auf Wanderschaft gehen und in verschiedenen Stationen - zum Beispiel in der Milz und in den Lymphknoten - ein Ausbildungsprogramm absolvieren. Dort treffen sie auf bereits von anderen Immunzellen dingfest gemachte Erreger, die quasi zur Fahndung ausgeschrieben sind und deren Merkmale sich die B- und T-Zellen einprägen müssen.
T- und B-Zell-Zonen in den Lymphorganen
Dies geschieht in den T-Zell- und B-Zell-Zonen der Lymphknoten und Milz sowie in den so genannten Keimzentren, die sich innerhalb der B-Zell-Zone entwickeln. Dort reifen die Lymphozyten aus und werden für ihre Aufgabe bei der Immunabwehr fit gemacht. In den Keimzentren werden die B-Zellen beispielsweise so geschult, daß sie nicht nur hochaktive Antikörper zur Bekämpfung von Erregern produzieren, sondern auch ihr "immunologisches Gedächtnis" ausbilden.
In den Lymphorganen tauschen sie zudem Informationen über Eindringlinge aus, um eine Armada spezialisierter Zellen für deren Bekämpfung zu mobilisieren. Dieses fein ausbalancierte Zusammenspiel zwischen benachbarten Territorien wird durch Chemokine und ihre Rezeptoren gesteuert und ist mitentscheidend für ein funktionierendes Immunsystem. Kann dieses Zusammentreffen nicht stattfinden, etwa weil die Immunzellen den Weg zu den "Informationszentralen" innerhalb der T-Zell oder B-Zell-Zone nicht finden, ist die Immunantwort des Körpers gestört.
*) Nature,Volume 416, Number 6876, pp 94-99; Responsiveness to chemoattractants from adjacent microenvironments determines B-cell position. Karin Reif* , Eric H. Ekland* , Lars Ohl, Reinhold Förster , Hideki Nakano$, Martin Lipp§, and Jason Cyster*
*Howard Hughes Medical Institute and Department of Microbiology and Immunology, University of California San Francisco, USA; §Molecular Tumorgenetics and Immunogenetics, Max-Delbrück-Center for Molecular Medicine, Berlin, Germany; $Department of Immunology, Toho University School of Medicine, Ota-Ku, Tokyo, Japan,; University Clinic for Surgery, Nikolaus-Fiebiger-Center, 91054 Erlangen, Germany
© medizin.at